Manchmal trifft Kunst punktgenau ins Schwarze. Aktuell ist das bei einer Performance im Wiener Werkstätten- und Kulturhaus (Wuk) der Fall, in der die Jahreshauptversammlung einer (fiktiven) Gewerkschaft "Union of Global Artificial Intelligence (U.G.A.I.)" abgehalten wird. Es geht um die Arbeit "intelligenter" Maschinen und ihre Koexistenz mit dem Menschen – just während in den Nachrichten Berichte mit Schlagzeilen wie "Roboter-Hotel schmeißt Roboter raus" (Spiegel online) Furore machen.

Hinter der Uraufführung – noch zu sehen bis Samstag – steht ein Kollektiv, das sich "Blind Date in Collaboration mit anulla" nennt. Das Publikum wird Teilnehmer einer Gewerkschaftsversammlung, in der sich seltsames Gerät eine hitzige Diskussion darüber liefert, ob Maschinen Rechte zuerkannt werden sollen. Die Menschheit wird aufgefordert, "alle Arten künstlicher Intelligenz als Subjekt zu erkennen, vielfältig und unabhängig im Zusammenhang mit unveräußerlichen Grundrechten".

Das Publikum wird Teilnehmer einer Gewerkschaftsversammlung: Maschinen diskutieren ihre Rechte als Arbeitnehmer.
Foto: Ulli Koch

Die künstlerische Auseinandersetzung darüber, ob die maschinellen Imitationen von Lebewesen als eigene Subjekte angesehen werden können, hat eine lange Geschichte. Diese setzt spätestens 1816 mit E. T. A. Hoffmanns Erzählung Der Sandmann ein, aus der später das Ballett Coppélia entstand (das ab 27. 1. an der Volksoper gezeigt wird), und zieht sich etwa bis zu den streitenden Reiskochern in der Performance Cuckoo des Koreaners Jaha Koo.

In den ohrenbetäubenden, flackernden und von Sprechfloskeln strotzenden Turbulenzen der "U.G.A.I."-Versammlung behält die Vorsitzmaschine den Überblick, ein mannshoher Metallkasten, aus dem Kabelgewirr und Theaterrauch quellen. Ein einziger Darsteller ist involviert. Er kommt nur einmal mit der Drohung, auch Roboter würden einmal Auslaufmodelle sein, zu Wort und bringt die Bestrebungen des Transhumanismus ins Spiel, dessen Ziel es ist, den Menschen selbst durch technologische Erweiterungen zu "enhancen".

Man wird hier ersetzt

Das führt zurück zu den aus dem Henn-na-Hotel bei Nagasaki entlassenen Robotern, die sich nach vier Jahren Betrieb als Versager erwiesen: sowohl als Rezeptionisten als auch als Gepäckkulis oder Zimmerbetreuer. Die Hälfte der rund 250 Geräte wurde wieder durch menschliche, also naturintelligente Arbeitnehmer ersetzt. Passend dazu regt sich in den USA bereits aktiver Widerstand gegen den Ersatz von Menschen durch Roboter. So wurden in Arizona seit 2017 etwa zwei Dutzend selbstfahrende Autos der Google-Schwesterfirma Waymo demoliert.

Foto: Ulli Koch

Verkauft uns die Industrie als Fortschritt, was tatsächlich das Gegenteil darstellt? Die Automaten-Debatte in der "U.G.A.I."-Versammlung jedenfalls liefert dazu eindeutige Hinweise. Die Maschinen zeigen sich als bornierte Krawallmacher, die ihr Geplapper und Getöse abliefern, aber keine tatsächliche Diskussion zustande bringen. Die Performance zeigt viel Begeisterung für blinkendes und hampelndes Bastelwerk, aber wenig Sinn für die monströse Technikideologie hinter dem Roboter-Hype. (Das Publikum wird Teilnehmer einer Gewerkschaftsversammlung: Maschinen diskutieren ihre Rechte als Arbeitnehmer. (Helmut Ploebst, 18.1.2019)