Die Regierung hat eine Reihe von Maßnahmen und eine neue Notrufnummer angekündigt, "damit sich Frauen in Österreich wieder sicher fühlen", wie Frauenministerin Juliane Bogner-Strauß sagte.

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Vier ermordete Frauen in zwei Wochen, allein in diesem Jahr – in allen vier Fällen waren es sogenannte "Beziehungstaten":

Egal, wie man rechnet und welche Statistik man zitiert: Es ist beschämend und skandalös, wie viele Frauen Jahr für Jahr durch von Männern verübte Gewalttaten sterben – allein 43 im Vorjahr. Aber merkwürdigerweise scheint das die breite Öffentlichkeit eher kaltzulassen.

Wo bleibt der Aufschrei der Zivilgesellschaft? Wo sind die Demos, bei denen tausende Männer neben tausenden Frauen friedlich durch die Straßen ziehen, um gegen Frauenhass und männliche Aggression zu demonstrieren? Wo sind die Grassroots-Initiativen engagierter Bürger, um Frauen in Österreich zu schützen? Wo ist der Schulterschluss der Politik, Regierung und Opposition, um dieses Problem gemeinsam zu bekämpfen? Wo ist auch der Hashtag, der, ähnlich wie bei #MeToo, einen netzweiten Aufschrei einläutet?

Das Problem wird zwar thematisiert, auch in vielen Medien. Es gibt Analysen, Kommentare, Interviews mit Expertinnen und Experten. Die Regierung hat eine Reihe von Maßnahmen und eine neue Notrufnummer angekündigt, "damit sich Frauen in Österreich wieder sicher fühlen", wie Frauenministerin Juliane Bogner-Strauß sagte. Das wäre ein guter Ansatz, wäre da nicht ein verstörender Beigeschmack. Bogner-Strauß, Staatssekretärin Karoline Edtstadler und Außenministerin Karin Kneissl taten bei der Präsentation so, als wäre Gewalt gegen Frauen ausschließlich ein Problem männlicher Flüchtlinge mit muslimischem Hintergrund aus dem arabischen Raum. Das ist krass vereinfachend – und bei weitem nicht die ganze Wahrheit.

Milieus und soziale Schichten

Die reaktionären Frauenbilder vieler junger, geflüchteter Männer, kombiniert mit Fluchttraumata, Sprachlosigkeit und oftmals auch Wut, sind eine gefährliche Gemengelage. Aber konkret bei den jüngsten Tötungsdelikten sind auch ein autochthoner Österreicher und ein gebürtiger Türke die mutmaßlichen Täter. Letzterer lebt schon lange in Österreich und hat sich hier radikalisiert – das ist ein Phänomen, das man weltweit seit 9/11 beobachten kann. Gewaltschutzexperten, etwa die Wiener Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie, sprechen davon, dass sich Gewalt quer durch alle Milieus und sozialen Schichten zieht – und dass dies ein globales Phänomen ist.

Ansetzen muss man im Grunde dort, wo Männer nicht ertragen, dass sich "ihre" Partnerinnen ihr Recht nehmen zu tun, was sie wollen – auch, eine Beziehung zu beenden. In letzter Konsequenz geht es dabei um die Durchsetzung von Gleichberechtigung. Frauen sind kein Besitz. Das muss jeder in Österreich, und nicht nur hier, endlich begreifen.

Wenn die Regierung jedoch die "Ausländer raus"-Propaganda der FPÖ übernimmt, anstatt das Problem grundsätzlich anzugehen, wird sie es nicht lösen. Die Streichung der Mittel für viele Fraueninitiativen war kontraproduktiv, spätestens jetzt wird das klar.

Die Politik muss das Problem struktureller männlicher Gewalt gegen Frauen ernsthaft anpacken – aber nicht die Politik allein. Es betrifft alle: Frauen, Männer, Inländer und Inländerinnen, Ausländer und Ausländerinnen, Junge, Alte, Kinder.

Wenn wir zulassen, dass Hass das Land beherrscht, kann bald niemand mehr ruhig schlafen.(Petra Stuiber, 19.1.2019)