Werner Amon wird als Teil des Netzwerks bezeichnet.

Foto: APA/HANS PUNZ

Man müsse "alles tun, um weitere Tote zu vermeiden", schrieb ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka nach den Terroranschlägen am 13. November 2015 in Paris. Daher gibt es für ihn nur eine Lösung: "Staatsschutzgesetz!" Binnen weniger Wochen wurde das Gesetz dann tatsächlich beschlossen – gegen heftige Proteste von Bürgerrechtlern, Oppositionsparteien und der Österreichischen Richtervereinigung. Kritisiert wird vor allem die Ausweitung der Überwachungsmöglichkeiten für Sicherheitsbehörden.

Im Verlauf der Verhandlungen wurde ein Paragraf dem Entwurf hinzugefügt. Darin heißt es, dass "Bedienstete in Leitungsfunktionen", die keine Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind, "nach erfolgreicher Absolvierung" einer Ausbildung "zur Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt ermächtigt werden". Diese Passage soll angeblich auf den ehemaligen BVT-Referatsleiter und Beschuldigten Bernhard P. zugeschnitten worden sein.

Tatsächlich beschäftigt sich die Staatsanwaltschaft damit, wie der Gesetzestext zustande kam. Eine Schlüsselrolle spielen dabei E-Mails, die P. an den damaligen Kabinettschef im Innenministerium Michael Kloibmüller und an den Sektionschef Mathias Vogl versandt hat. P. ersucht Kloibmüller darin, "auch die Interessen der wenigen Führungskräfte, die andere Lebenswege" als die Polizeiausbildung "hinter sich gebracht haben", zu berücksichtigen. "Werde das einspeisen", antwortete Kloibmüller, der P. riet, dies "parallel dazu auch bei der GÖD" vorzubringen. Darauf replizierte P., dass er auch mit "Werner A in Kontakt" sei. ÖVP-Fraktionsführer Werner Amon sagt dazu, er erinnere sich nicht, ob P. mit diesem Anliegen an ihn herangetreten ist. Er habe aber "solche Fragen immer von den Wünschen der Gewerkschaft abhängig gemacht".

Auftrennung gefordert

Experten, die bei der Entstehung des Staatsschutzgesetzes beratend tätig waren, hatten der Regierung damals zu einer grundlegenden Aufsplittung zwischen nachrichtendienstlichen und kriminalpolizeilichen Tätigkeiten geraten. Dann hätte sich auch die Passage im Gesetzestext anders lösen lassen. So durfte P. als Referatsleiter für Nachrichtendienste etwa keine Vernehmungen durchführen, weil er kein Polizist, sondern Politologe war. Das wurde durch den Paragrafen geändert, nun konnte eine Zusatzausbildung durchgeführt werden.

P.s Anwalt Otto Dietrich weist die Vorwürfe "entschieden zurück". Offenbar "ist der Staatsanwaltschaft noch immer nicht klar, wie ein Nachrichtendienst funktioniert", sagt Dietrich. Er verweist darauf, dass P. "nie verdeckt ermittelt hat". Außerdem seien mehr Personen als P. betroffen gewesen, der wiederum keine persönlichen Vorteile aus der Änderung zog.

Die E-Mails an das Kabinett werden von der Opposition als Indiz für ein "ÖVP-Netzwerk" im Innenministerium gesehen. Eine Exmitarbeiterin des Innenministeriums hatte am Mittwoch behauptet, dass Postenbesetzungen über ein Günstlingsnetzwerk erfolgt seien. Auch Amon bezeichnet sie als Teil dieses Netzwerks. Die Opposition überlegt schon länger, Amon als Zeugen zu laden. Dieser verweist darauf, dass es Usance sei, Abgeordnete nicht zu befragen. Amon hält dazu "ausdrücklich fest", dass es "nicht nur bei der Liste Jetzt und den Neos eine Diskussion über eine allfällige Ladung meiner Person gibt, sondern dass es auch bei uns in der Fraktion eine Diskussion über die Ladung von Peter Pilz und Stephanie Krisper gibt". Am Dienstag hatten die Abgeordneten in einer Zwischenbilanz noch die Kooperation miteinander gelobt. (Fabian Schmid, 17.1.2019)