Gute Laune: James Blake hat 2019 die Zeit seines Lebens.

Foto: Polydor

Dass sich die halbe Welt darüber aufregen würde, dass privilegierte junge Männer aus der weißen Mittelschicht sehr gern darüber singen, dass es ihnen trotz vollen Kühlschranks, dichten Dachs, Fernwärme sowie U-Bahnanbindung und mindestens fünf Ärzten und Therapeuten in den Handykontakten gerade nicht so gut geht, kann man definitiv nicht behaupten.

Nach diversen Schlagern im Zeichen von "I'm so lonely I could cry" ist Popmusik bezüglich menschlicher, nein, männlicher Schwächen von den 1950er-Jahren herauf in allen vorstellbaren Facetten und Mikroneurosen bestens durchdekliniert. Auch der heute 30-jährige Kunstleider und ehemalige Autoren-Dubstep-Songwriter James Blake weiß davon seit Anfang der Zehnerjahre mehrere Lieder auf mehreren Alben zu singen. Oder wie es der seit einiger Zeit wieder allgemein und öffentlich geschätzte Elton John einst auf den Punkt brachte: "When all hope is gone, you know sad songs say so much."

Tapferer Optimismus

Ausgehend von sparsamen, mehr tröpfelnden als perlenden Keyboardklängen und nach unterirdischen Kernwaffentests klingenden Bassdetonationen im Zwerchfellbereich beschreitet James Blake auf seinem neuen Album Assume Form (Polydor) allerdings ab sofort souverän den Weg des tapferen Optimismus. Er besingt mit zarter, Richtung Kirchenlied mäandernder und gern auch verhallter Kopfstimme sowie Gästen wie André 3000 von Outkast oder Flamenco-R-'n'-B-Star Rosalía die Freuden einer festen Beziehung oder die angenehmen Seiten eines überdurchschnittlich hohen Finanzpolsters.

Klar ist hier manchmal mehr Coldplay als Soul zu hören und klingt die ganze Angelegenheit mehr nach Detox-Saftkur als lebensmüdem Southern Soul. Für eine Mainstreamproduktion im Tempo eines mit Dope-Beats gedimmten Dreiviertelstünders gelingt hier allerdings ein großer Schritt weg vom Umschaltimpuls hin zur Wiederholungstaste. Songzeilen wie "You start rubbing off on me" sind ja auch wirklich allerliebst. (Christian Schachinger, 18.1.2019)