Shiffrin sind die Rekorde "wirklich wurscht".

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Albrecht hat kaum ein Shiffrin-Rennen versäumt.

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Shiffrin ist stets auf der Suche nach dem perfekten Schwung, dem perfekten Lauf. Doch der perfekte Lauf ist eine Utopie.

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Kilian Albrecht wollte eigentlich "ganz etwas anderes machen". Unternehmensberatung oder Ähnliches schwebte ihm vor. Schon im Jahr 2002, also noch während seiner Karriere als Skifahrer, hatte er sein BWL-Studium abgeschlossen, wenige Monate nach dem vierten Platz im Olympia-Slalom von Salt Lake City, wo er Bronze nur um 0,04 Sekunden verpasste. Generell war 2002 für Albrecht speziell, nämlich auch jenes Jahr, in dem er erstmals Notiz von Mikaela Shiffrin nahm.

Sie war sechs Jahre alt und mit ihrer Familie zum Skifahren nach Hintertux gekommen, Albrecht und die Shiffrins hatten gemeinsame Bekannte. "Man hat da zumindest schon ahnen können, dass sie viel Talent mitbringt."

Wickel mit dem ÖSV

Manifestiert hat sich die Ahnung acht Jahre später, als man sich zum zweiten Mal traf. Die Karriere des Vorarlbergers Albrecht, der nach Wickeln mit dem österreichischen Skiverband ab 2006 für Bulgarien fuhr, hatte sich da schon dem Ende zugeneigt. Er trainierte in Vail, Colorado, einige einheimische Juniorinnen und Junioren trainierten mit, und eine 14-Jährige fuhr den 18-Jährigen um die Ohren. Mikaela. "Ich hab dreimal nachgefragt, ob sie echt erst 14 ist", sagt Albrecht.

Aus der Unternehmensberatung wurde nichts. Als Mikaela Shiffrin kurz nach dem zweiten Treffen und kurz vor ihrem 16. Geburtstag im Weltcup debütierte, rief Mikaelas Mutter Eileen bei Albrecht an, und er gab den einen und auch den anderen Tipp. Mittlerweile tut der 45-Jährige längst mehr, er kümmert sich um Sponsoren-Akquise und Betreuung, um PR- und Medienbelange. Albrecht ist Shiffrins Manager, sie steht im Zentrum der Arbeit seiner ASC (Albrecht Sports-Consulting).

Wer liegt in Reichweite?

In der Zwischenzeit hat sie 53 Weltcuprennen gewonnen, dazu zwei Olympiatitel, einen im Slalom (2014), einen im Riesenslalom (2018), drei WM-Titel, alle im Slalom (2013, 2015, 2017), sowie zweimal den Gesamtweltcup (2017, 2018). Mikaela Shiffrin ist 23 Jahre alt, 24 wird sie am 13. März. Ein Sieg noch im Weltcup, und sie hat Hermann Maier, zwei Siege, und sie hat Vreni Schneider eingeholt. Dann wäre Annemarie Moser-Pröll (62 Siege) fällig. Hirscher (67), Lindsey Vonn (82) und Ingemar Stenmark (86) liegen weiter weg.

Doch liegen sie außer Reichweite? "Mikaela kann alles schaffen", sagt Albrecht, aber er sagt auch: "Es gibt nie eine Garantie, dass alles so weitergeht." Shiffrin selbst gehe es nicht um Rekorde. "Und das sagt sie nicht nur", sagt ihr Manager, "sondern die Rekorde sind ihr wirklich wurscht." Doch was ist ihr nicht wurscht, worum geht es der Seriensiegerin, was treibt sie an? Albrecht: "Natürlich will sie gewinnen. Aber vor allem will sie sich permanent verbessern. Sie ist stets auf der Suche nach dem perfekten Schwung, dem perfekten Lauf." Und diese Suche gehe immer weiter, weil der perfekte Lauf utopisch sei.

Ab nach Rom

Shiffrin, Hirscher, Hirscher, Shiffrin, Shiffrin, Hirscher. Sie hat zehn von 19 Rennen, er hat neun von 20 Rennen in dieser Saison gewonnen. "Viele Wege führen nach Rom", sagt Albrecht, der Unterschiede und Gemeinsamkeiten sieht. Der größte Unterschied? Albrecht macht ihn an der unmittelbaren Herangehensweise aus. Hirscher vermittle fast immer den Eindruck, als würde er voll riskieren, als würde er "all in gehen. Und deshalb ist er so schwer zu schlagen." Shiffrin wiederum wage sich eher "von unten an die hundert Prozent heran".

Die – neben Ski-Ausrüster (Atomic) – größte Gemeinsamkeit sieht Albrecht im Umfeld. Hirscher und Shiffrin bauen auf ein eigenes Betreuerteam, an dessen Spitze jemand stehe, der volles Vertrauen genieße – dort Vater Ferdinand, hier Mutter Eileen. Shiffrins Team gehören noch Coach Mike Day, Jeff Lackie (Fitness), Servicemann Johann Strobl und die Physiotherapeutin Regan Dewhirst an. Eileen, sagt Albrecht, sei "immer die treibende Kraft gewesen und als Trainerin gemeinsam mit Mikaela gewachsen". Die Shiffrin-Mutter habe "ein sehr gutes Auge. Über Skitechnik braucht ihr niemand etwas erzählen. Wenn es sein muss, macht sie zehn Stunden lang Videostudium."

Auch andere Klienten

Albrecht managt auch andere Skisportler, etwa Ilka Stuhec, die in der Saison zweimal siegte, und Zan Kranjec, der im Dezember sein erstes Rennen gewann. Seit Shiffrin im Weltcup fährt, hat ihr Manager kaum eines ihrer Rennen versäumt. Er sorgt auch dafür, dass sich der Stress in Grenzen hält, sie sich zwischen den Rennen möglichst gut erholen kann. Manchmal zieht er sie weg, wenn gar zu viele Autogrammjäger warten. "Sie ist eine ganz Liebe", sagt Kilian Albrecht, "sie würde stundenlang stehen bleiben. Aber sie braucht jede ruhige Minute." (Fritz Neumann, 16.1.2019)