Arnulf Zeilner unterhält auf der Streamingplattform mit seiner "virtuellen Taverne" tausende Zuseherinnen und Zuseher.

Foto: Arnulf Zeilner

Arnulf Zeilner aus dem niederösterreichischen Ladendorf ist kein typischer Twitch-Streamer. Der Mann im fortgeschrittenen Alter mit dem langen weißen Bart und dem Mittelaltergewand sticht auf der Plattform, die für Jugendliche das traditionelle Fernsehen ersetzt, deutlich heraus. Um jeden Willen auffallen ist auf Twitch auch oberstes Gebot, zeigen sich dort ja mittlerweile 2,2 Millionen User regelmäßig vor der Kamera.

Trotzdem hat der Niederösterreicher einen Platz auf der Streamingplattform gefunden. So lädt er regelmäßig hunderte bis tausende Zuseher in seine "virtuelle Taverne" ein. Anstatt sich wie viele andere erfolgreiche Streamer beim Spielen zu zeigen, musiziert Zeilner etwa vor der Kamera oder unterhält sein zahlreiches Publikum mit Anekdoten und Ratschlägen.

KawauTV - Der Mittelalter-Kanal

Seit Oktober 2015 auf Twitch

Zum Streaming gekommen ist Zeilner, der seit 2001 hauptberuflich als mittelalterlicher Spielmann arbeitet, durch den österreichischen Streamer GGSoundJack, den er bei einem Ritteressen kennengelernt hatte. Er buchte den Niederösterreicher für seinen Stream und überzeugte ihn in weiterer Folge, sich doch auch einen eigenen Twitch-Kanal zuzulegen. Im Oktober 2015 tat er dies dann auch.

Vom Streaming allein kann Zeilner auch nach mehr als drei Jahren nicht leben. "Ich vermute mal, dass es derzeit noch nicht komplett reicht, denn mit Frau, Kindern und Tieren hat man mehr finanzielle Verpflichtungen als Single", erzählt der Niederösterreicher dem STANDARD. Die Arbeit des Mannes kann einerseits durch kostenpflichtige Abos, aber auch durch Spenden unterstützt werden. Zeilner hat auch einen Youtube-Kanal – dieser ist für ihn aber "finanziell irrelevant".

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Hilfreich für Hauptberuf

Auch wenn der Nebenberuf als Streamer nicht große Mengen Geld abwirft, hat der Spielmann trotzdem großen Gefallen daran gefunden. "Vor allem die Interaktion mit dem Publikum ist perfekt. Wenn ich neue Musikstücke oder Instrumente ausprobiere, dann habe ich sofortigen Input, ob es bei den Zuschauern ankommt. Ein Feedback, das es bei meinen Auftritten in dieser Form nicht gibt", erzählt er. Somit kann der Niederösterreicher auch für seinen Hauptberuf Sachen mitnehmen und umgekehrt von seinem Job als Spielmann profitieren: "Ich habe Erfahrung vor Livepublikum seit 1985, also fast 35 Jahre. Das hilft enorm."

Dass Zeilner wohl zu den ältesten Streamern zählt, bereitet dem Mann mit dem Rauschebart übrigens keinerlei Probleme auf Twitch. "Letztlich entscheidet das Publikum nach Sympathie, nicht nach Alter, und die Zuseher sind älter, als man vermuten möchte", erzählt der Entertainer weiter. Auch als Österreicher soll man es auf der Plattform übrigens nicht schwieriger haben: "Es ist relativ egal, wo man wohnt, insofern die Internetverbindung stabil und gut ist."

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Keinen Fernseher oder Radio mehr

Einen Fernseher oder Radio hat der Ladendorfer schon seit zwölf Jahren übrigens nicht mehr. "Youtube, Netflix und Amazon Prime reichen mir und meiner Familie völlig. Man kann sich sein Programm selber zusammenstellen, diese Freiheit bietet das lineare Angebot von TV und Radio einfach nicht", sagt der Mittelalter-Fan. Zum Spielen kommt Zeilner übrigens nur mehr selten – auch vor der Kamera. "Ich habe mit einem Schneider CPC6128 mit 128 KB das Spielen begonnen. Leider habe ich in den letzten Jahren wegen der Selbstständigkeit und der Familie kaum mehr Zeit zum Zocken gefunden", schildert der Niederösterreicher.

Auch für seine "Familie" auf Twitch nimmt sich Zeilner viel Zeit. Rund drei Stunden ist der Entertainer regelmäßig vor der Kamera zu sehen – wohl auch, um dort mit seinen Bekannten von Twitch zu sprechen: "Das Livestreaming von Usern wie mir bietet die Möglichkeit, über die Interaktion persönliche Bindungen aufzubauen. Nicht nur zum Streamer selbst, sondern auch zur Community. Von Freundschaften, Beziehungen bis hin zu Jobs kann man hier alles finden, wenn man Glück hat." (Daniel Koller, 20.1.2019)