Diesmal soll es um eine Sache gehen, um die Frauen oft ein großes Geheimnis machen. Das ist verständlich. Graue Haare? Sind, Maria Vassilakou einmal ausgenommen, in der Öffentlichkeit noch immer weitestgehend unsichtbar. Ihnen eilt der Ruf voraus, ihre Trägerin alt zu machen und verschwinden zu lassen – was gibt es Schlimmeres?

Dabei haben sich die Medien und die Haarpflege-Industrie in den letzten Jahren mit allen Kräften darum bemüht, die Sexyness silberner Haarsträhnen heraufzubeschwören. Auch an schönen Vorbildern mangelt es nicht. Das britische Model Erin O'Connor führte zuletzt vor, dass sich graue Haare und Schwangerschaftsbauch miteinander vereinbaren lassen.

Das Model Erin O'Connor mit Schwangerschaftsbauch und silbrigen Haarsträhnen.

Die "Vogue"-Redakteurin Sarah Harris bekam die ersten grauen Haare schon als Teenager, längst sind die langen, silbrigen Haare ihr Markenzeichen. Wo also liegt das Problem?

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Markenzeichen Silberschopf: "Vogue"-Frau Sarah Harris im September vergangenen Jahres in London.
Foto: Kirstin Sinclair/Getty Images

In der Normalität angekommen sind graue Haare auf Frauenköpfen noch immer nicht. Daran haben auch die weiblichen Hipster, die sich in den letzten Jahren die Haare silbergrau gefärbt haben, wenig ändern können. Es gilt als Selbstverständlichkeit, die ersten grauen Haare heimlich, still und leise verschwinden zu lassen. In der Regel machen Raspberry, Goldbraun, Wild Ombré das Rennen. Wer nicht zur Haartönung und Farbe greift, wird verdächtigt – im besten Fall, das Grau als Statement zu tragen, getreu dem Motto: Ich beuge mich nicht den Normen der Schönheitsindustrie! So etwas passiert einem Mann nicht so schnell. Wenn er den Clooney gibt, wird diese Entscheidung kommentarlos hingenommen (oder sogar noch applaudiert!).

Damit mag sich eine junge Amerikanerin nicht abfinden. Die Mittzwanzigerin Martha Truslow Smith aus North Carolina hat schon vor zwei Jahren den Instagram-Account Grombre ins Leben gerufen. Auf dem zeigt sie Bilder von Frauen unterschiedlichen Alters, die graue Haare tragen.

Der knapp 70.000 Follower schwere Account erfuhr in den letzten Wochen einige Aufmerksamkeit. Vielleicht auch, weil er so erfrischend normal daherkommt. Die abgebildeten Frauen sind nicht prominent und haben keine Ambitionen, die nächsten Influencerinnen sein zu wollen.

Die Zitate unter den Fotos erzählen vielmehr davon, dass Grau nicht gleich Grau ist. "Ich bin grau, seit ich 18 bin", schreibt eine. Und eine andere, dass sie dreieinhalb Jahre gebraucht habe, um die Farbe ihres Pixies loszuwerden. Heute trägt sie die Haare wieder lang. Und demnächst muss sie hoffentlich keine Worte mehr über ihre Haarfarbe verlieren. Weil Grau eine Farbe von vielen auf unseren Köpfen ist. (Anne Feldkamp, 17.1.2019)