Wien – Martin Bartenstein erntete seinerzeit viel Spott für seinen Sager, wonach er sich nicht als reich, sondern als "typischen Mittelständler" bezeichnen würde. Dem früheren Wirtschaftsminister, der als Pharmaunternehmer zu ordentlichem Wohlstand kam, geht es in der Selbsteinschätzung aber ähnlich wie anderen Reichen. Das zeigt eine am Montag veröffentlichte Studie der Nationalbank (OeNB) zu den Vermögensverhältnissen in Österreich. Die Daten beziehen sich auf das Jahr 2017.

Bei den obersten zehn Prozent (die Ökonomen sprechen vom obersten Dezil) gehen Realität und Selbstwahrnehmung am weitesten auseinander. Wer statistisch in diese Gruppe fällt, glaubt fälschlicherweise, dass 40 Prozent der Haushalte mehr haben. Theoretisch könnte es natürlich auch sein, dass diese Menschen bei der Befragung (Sample 3.000, durchgeführt von Ifes) lügen, also einfach nicht ehrlich sagen wollen, wie viel sie besitzen. Dagegen spricht aber eine andere Auswertung: Wer sich unterschätzt, ändert nämlich auch sein Sparverhalten, legt also mehr Geld zur Seite.

Ungleiche Verteilung

Grundsätzlich gibt es bei der Vermögensverteilung wenig Veränderung, sie bleibt weiterhin sehr ungleich. Das reichste Prozent besitzt 22,6 Prozent der Vermögenswerte. Dazu zählen Sachvermögen wie Immobilien und Geldvermögen. Schulden werden auf der anderen Seite abgezogen. Die genaue Verteilung zeigt diese Grafik:

Millionäre schwer erreichbar

Damit haben die Allerreichsten zwar etwas weniger als bei der Befragung drei Jahre davor, die OeNB geht aber davon aus, dass diese Veränderungen nicht sehr aussagekräftig sind, weil die Multimillionäre oder gar Milliardäre in der Regel statistisch untererfasst sind (mehr zu diesem Phänomen können Sie hier lesen). Der einfache Hintergrund dafür: Es ist schwierig, diese Personen für solche Befragungen zu bekommen. Die ärmeren 50 Prozent der Bevölkerung besitzen nur 3,6 Prozent der gesamten Vermögen, was eine geringfügige Verbesserung gegenüber der letzten Erhebung bedeutet.

Bild nicht mehr verfügbar.

Im Schnitt kommt ein heimischer Landwirt auf ein Vermögen von knapp 900.000 Euro.
Foto: ap

Erstmals ausgewertet hat die Notenbank, wie groß die Unterschiede zwischen den Berufsgruppen sind. Klarer Sieger in diesem Ranking sind die Bauern, mit einem Medianvermögen von 896.500 Euro. Median bedeutet: 50 Prozent haben mehr, 50 Prozent haben weniger.

Arbeiter erarbeiten sich wenig

Die Selbstständigen besitzen im Schnitt 254.000 Euro, die öffentlich Bediensteten mit 215.000 Euro etwas weniger. Die anderen Gruppen folgen schon mit Respektabstand. Der durchschnittliche Pensionist hat knapp 100.000 Euro, ein Angestellter 82.000 Euro und ein Arbeiter oder eine Arbeiterin nur 34.000 Euro. Alle Werte beruhen auf Eigenangaben, wie viel ein Verkauf einbringen würde.

Aus psychologischer Sicht interessant sind die Antworten bei Fragen, wie man steuerlich mit Vermögen umgehen sollte. Die Wiedereinführung einer Erbschaftssteuer findet sowohl bei den Reicheren als auch bei den Ärmeren kaum Anklang. Offenbar haben auch diejenigen, die wahrscheinlich gar nicht betroffen wären, Angst vor einer solchen Steuer. Die ablehnende Haltung der Regierung und die zögerlichen Antworten von SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner bei diesem Thema machen vor diesem Hintergrund aus politstrategischer Sicht also durchaus Sinn.

Mit Arbeit zu Vermögen?

Fragt man allerdings ganz allgemein "Sollte Vermögen besteuert werden?", dann sind die Befragten deutlich aufgeschlossener. Bei den kleineren Vermögen stimmt eine absolute Mehrheit der Aussage zu, immerhin 44 Prozent sind es aber auch bei der reicheren Bevölkerungsgruppe. Die Menschen halten also offenbar das aktuelle Steuersystem für ungerecht, sehen in einer Erbschaftssteuer aber nicht die Lösung für dieses Problem.

Wesentlich inhomogener ist die Einschätzung, wie leicht es in Österreich ist, durch "harte Arbeit" zu Vermögen zu kommen. Zusammengefasst lässt sich sagen: Jene, die es geschafft haben, Vermögen aufzubauen, stimmen der Aussage zu. Wer wenig oder nichts hat, glaubt auch nicht, dass sich mit harter Arbeit etwas an seiner Situation ändern ließe.

Schuldenskepsis

Wer bereits auf finanzielle Reserven zurückgreifen kann, hält es auch eher für sinnvoll, den Konsum über Schulden anzukurbeln. Wobei man aber auch sagen muss: Allzu hohe Zustimmung findet Schuldenmachen bei keiner Einkommensgruppe.

Dieser eher vorsichtige Zugang spiegelt sich auch bei den Statistiken über die Verschuldung wider. Im Schnitt sind die Österreicher nur mit ein paar tausend Euro an klassischen Konsumkrediten verschuldet, die Unterschiede zwischen den oberen und unteren Vermögensgruppen sind hier gering. Besicherte Immobilienkredite spielen erst ab dem Mittelbau eine Rolle, die durchschnittliche Verschuldung liegt aber bei allen Dezilen unter 100.000 Euro. (Günther Oswald, 14.1.2019)