Bild nicht mehr verfügbar.

Erdoğan will US-Forderungen nach Garantien für die syrischen Kurden nicht schlucken und vermied sogar ein Treffen mit Bolton.

Foto: AP/Burhan Ozbilici

Offensichtlich scheint der Besuch von John Bolton in Ankara für beide Seiten nicht so erfreulich gelaufen zu sein. Der Sicherheitsberater von US-Präsident Donald Trump war am Dienstagmorgen in die Türkei gekommen, um sich mit der türkischen Regierung über das Vorgehen in Syrien abzusprechen. Eine gemeinsame Pressestellungnahme von Bolton und Regierungssprecher Ibrahim Kalin wurde aber abgesagt. Die US-Botschaft in Ankara wollte sich zu den Gründen zunächst nicht äußern. Präsident Tayyip Erdoğan soll angeblich sogar ein persönliches Treffen mit Bolton gecancelt haben. Als Grund führte er seinen vollen Terminkalender an.

Ursache für die Verstimmung dürften Boltons zuvor in Israel getätigte Aussagen hinsichtlich der syrisch-kurdischen Miliz YPG in Syrien sein. Um für die angekündigte Offensive Ankaras in Nordsyrien grünes Licht zu geben, hatte Bolton Sicherheitsgarantien für die Kurden gefordert.

Es sei "unmöglich, diese Forderungen zu schlucken oder zu akzeptieren", sagte Erdoğan am Dienstag vor den Abgeordneten seiner Partei in Ankara. "Wir werden sehr bald zur Tat schreiten, um die Terrorgruppen in Syrien zu neutralisieren."

Ankara versucht derweilen, den Unterschied zwischen YPG und Kurden zu betonen. Erdoğan veröffentlichte am Dienstag in der "New York Times" einen Artikel, in dem er betonte, der Rückzug der USA aus Syrien sei die richtige Entscheidung. Die Türkei sei der beste Partner im Kampf gegen den "Islamischen Staat" – und gegen andere Terrorgruppen – und habe als zweitgrößte Armee des Nato-Bündnisses auch die Kapazitäten dafür. Man wolle die Infrastruktur intakt lassen und Zivilisten schonen. Außerdem sei die Türkei der einzige Protagonist, der sowohl mit Russland als auch mit den USA zusammenarbeiten könne.

Eigene Prioritäten

Für Ankara aber stand und steht bis heute der Kampf gegen kurdische Milizen im Vordergrund. So unterband die türkische Armee Aktivitäten und Nachschubwege des IS nicht, solange der die YPG in Schach hielt. Besonders auffällig war das im Falle der Belagerung der nordsyrischen Stadt Kobane Ende 2014, in der die türkische Armee nicht eingriff, als kurdische Milizen die Stadt gegen den IS verteidigten. Erst 2015 hatte Erdoğan eine Trendwende vollzogen und vermehrt den IS bekämpft. Der hatte daraufhin mit mehreren Anschlägen reagiert.

Erdoğan hatte Mitte Dezember eine Offensive gegen die YPG östlich des Euphrats angekündigt. Ankara sieht die Kurdenmiliz als verlängerten Arm der PKK und fürchtet, dass ein autonomes Gebiet unter Führung der YPG auch die PKK auf türkischem Gebiet stärken könnte. Für die USA aber ist die Kurdenmiliz bisher die wichtigste Verbündete im Kampf gegen den IS sowie ein Gegengewicht zu Assad und seinem Verbündeten Moskau.

Nachdem Trump vor Weihnachten überraschend den Rückzug der 2000 US-Soldaten angekündigt hatte, war es zu heftiger Kritik auch innerhalb des Pentagons gekommen. Verteidigungsminister James Mattis hatte so- gar seinen Rücktritt eingereicht. Trump hatte den Abzug daraufhin nicht abgesagt, aber zunächst verschoben.

Pompeos Krisentour

Während Bolton seine Gespräche in Israel und der Türkei absolvierte, brach Trumps Außenminister Mike Pompeo am Dienstag zu einer achttägigen Tour durch ebenso viele Staaten auf. Auf dem Programm stehen Besuche in Jordanien, Ägypten, Bahrain, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Katar, Saudi-Arabien, dem Oman und Kuwait. Washington will damit Präsenz zeigen und klarstellen, dass ein Truppenabzug aus Syrien kein Verlassen des von vielfältigen Krisen geschüttelten Nahen Ostens bedeutet.

Auf Pompeo warten ebenfalls schwierige Gespräche. In Saudi-Arabien soll der Mord an dem Journalisten Jamal Khashoggi thematisiert werden. Dieser war im Oktober im saudischen Konsulat in Istanbul von engen Vertrauten des saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman ermordet worden. Auch über den Konflikt Saudi-Arabiens und anderer Golfstaaten mit dem Emirat Katar wird der US-Außenminister sprechen, ebenso über den Iran und den Krieg im Jemen. Höhepunkt der Tour wird sein Besuch in Ägyptens Hauptstadt Kairo sein. Dort will Pompeo am Donnerstag eine Rede an die "arabische Nation" halten, um die USA als "Macht des Guten" in der Region zu präsentieren. (Philipp Mattheis, Michael Vosatka, 8.1.2019)