Skepsis und Freude. Wallner (links) betrachtet Ohnebergs "Big Picture".

Foto: Dietmar Mathis

Hohenems – Sie sind sich auf die Zehen getreten, die Herren in Schwarz, Blau und Grau. Der Andrang der Gäste beim Neujahrsempfang der Industriellenvereinigung im Hohenemser Otten-Areal überraschte sogar die Veranstalter. Das Motto "Jahr der Entscheidungen" hatte mehr angelockt, als eingeladen wurden, staunten Präsident Martin Ohneberg und Geschäftsführer Mathias Burtscher. Im Wahljahr 2019, der Landtag wird am 22. September gewählt, wollten sich Entscheidungsträger aus Wirtschaft und Politik Empfehlungen an die Regierung nicht entgehen lassen.

Landeshauptmann Markus Wallner (VP) und sein Stellvertreter Karlheinz Rüdisser (VP), für Wirtschaft und Raumplanung zuständig, lauschten mehr oder weniger ergriffen der Rede von IV-Präsident Ohneberg, der erklärte, wie die Politik im Dialog mit der Industrie Vorarlberg vom Mittelmaß zur Exzellenz bringen könnte.

Zehn Empfehlungen für die Politik

Basis für die Ratschläge waren Interviews mit 40 Menschen aus Wirtschaft, Politik, Medien, Kultur und Arbeitnehmervertretung. Deren Handlungsempfehlungen und die Evaluierung der IV-Strategien seit 2016 fügte Ohneberg zu einem "Big Picture" zusammen.

Kurz beschrieben ist das die Vorarlberg-Stadt, bestehend aus den Gemeinden im Rheintal und im Walgau (von Bregenz bis Bludenz), die, gäbe es sie, mit 314.000 Menschen Österreichs zweitgrößte Stadt nach Wien wäre, und der Rest des Landes, von der IV mit Vorarlberg-Land umschrieben.

Zehn Empfehlungen beinhaltet das IV-Zukunftsbild. Mindestens vier davon dürften bei den Grünen, die noch Regierungspartner der Volkspartei sind, und Naturschutzorganisationen auf Widerstand stoßen: die Überarbeitung der Landesgrünzone, die Entwicklung neuer Naherholungsgebiete, die Realisierung einer seit Jahrzehnten umstrittenen Verbindung zur Schweizer Autobahn und der Bau einer Hoch-/Seilbahn von Dornbirn in den Bregenzerwald.

Weitere Wünsche zur Mobilität sind schnellere überregionale Flug-, Bahn- und Straßenverbindungen, die Umgestaltung der A14 zur Stadtautobahn, der Ausbau des Bahnnetzes.

Und ein bisschen Selbstkritik

Im Bildungsbereich schlägt man eine intensivere Zusammenarbeit der Fachhochschule Vorarlberg mit der Hochschule St. Gallen vor, forcieren will man die Vermittlung von technischen Kenntnissen. Als Zukunftskompetenzen sieht man die Fähigkeit, komplexe Probleme zu lösen, kritisches Denken, Kreativität.

Bei einem Zukunftsthema, das die Industrie direkt betrifft, nämlich Digitalisierung, gibt sich die Industriellenvereinigung (selbst)kritisch. Hier fehle es an Innovationskultur und Bereitschaft zur Zusammenarbeit.

Man müsse ein Impulszentrum, quasi ein Ökosystem für Digitalisierung, schaffen, als Beispiele werden der Softwarepark Hagenberg und die Tabakfabrik Linz genannt. Dazu bedürfe es aber der entsprechenden Breitbandabdeckung.

Offen blieb, welchen Beitrag außer Dialogbereitschaft die Unternehmen selbst leisten wollen. Der Wunschzettel wurde abgegeben. Für Diskussionsstoff in der Regierung ist gesorgt. (Jutta Berger, 8.1.2019)