Vom Datenklau sind auch Bundestagsabgeordnete betroffen. Am Donnerstag will Innenminister Horst Seehofer den Innenausschuss des Parlaments informieren.

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Horst Seehofer hätte dieser Tage vermutlich anderes zu tun. Am 19. Jänner wird er auf dem Parteitag in München den CSU-Vorsitz an den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder übergeben. Da ist natürlich noch einmal eine große Abschiedsrede gefragt.

Doch derzeit fordert Seehofer vor allem sein Job als Innenminister. Er muss den Datendiebstahl aufklären und darlegen, wie ein Hacker an hunderte persönliche Daten von Politikern und Prominenten kommen und diese veröffentlichen konnte.

Am Montag hatte Seehofer die ihm unterstellten Präsidenten des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) und des Bundeskriminalamts (BKA), Arne Schönbohm und Holger Münch, zum Krisengespräch bei sich. Im Laufe der Woche will er dann die Öffentlichkeit informieren. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) geht nicht davon aus, dass der Angriff von einem ausländischen Nachrichtendienst stammt. "Vieles spricht dafür, dass es sich um einen einzelnen Hacker handelt", sagt er.

19-Jähriger im Visier

Ermittler des Bundeskriminalamtes haben eine Wohnung in Heilbronn (Baden-Württemberg) durchsucht und befragen einen 19-jährigen Informatiker zum Hackerangriff. Er bestreitet, selbst tätig gewesen zu sein, soll aber Kontakt zum Täter gehabt haben.

Seehofer ist in der Angelegenheit unter Druck, nicht nur von der Opposition. "Ich bin irritiert, vom zuständigen Bundesinnenminister, der sonst keine Gelegenheit auslässt, sich zu allem und jedem zu Wort zu melden, so gut wie nichts zu hören, wenn es um die Cybersicherheit in unserem Land geht", sagt der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Burkhard Lischka.

Eine erste Konsequenz hat das Innenministerium am Montag verkündet. Das Cyber-Abwehrzentrum, das im konkreten Fall ermittelt, wird laut Staatssekretär Stephan Mayer (CSU) ein "Cyber-Abwehrzentrum plus". Offen ist, was das genau bedeuten soll.

Der grüne Parteichef Robert Habeck zieht ebenfalls Konsequenzen aus dem Datenklau, von dem auch er betroffen ist. Er verabschiedet sich von Twitter und Facebook – allerdings auch wegen eines eigenen Fehlers.

Habeck beißt sich in den A....

Er hatte in einem via Twitter verbreiteten Video erklärt, die Grünen würden hart dafür arbeiten, dass Thüringen "ein offenes, freies, liberales, demokratisches Land wird". Allerdings sitzt die Ökopartei dort seit vier Jahren in der Regierung. Er habe "bleibt" statt "wird" gemeint, stellte Habeck klar und erklärte, er könnte sich "in den Arsch beißen".

Schon vor der Bayern-Wahl hatte er für Aufregung gesorgt, als er twitterte, die CSU-Alleinherrschaft solle enden, damit es "endlich" wieder Demokratie gebe. "Offenbar triggert Twitter in mir etwas an: aggressiver, lauter, polemischer und zugespitzter zu sein", sagt er jetzt reumütig. Daher mache er nun Schluss damit.

Der Datenklau kam für die CSU zu einem äußerst ungünstigen Zeitpunkt ans Licht. Die Granden hatten sich eigentlich zum Jahresauftakt im Kloster Seeon am Chiemsee versammelt, um dort bei der Klausur der CSU-Landesgruppe im Bundestag die Marschroute für 2019 abzustecken. Der Tenor lautete: mehr Harmonie, weniger Streit als 2018. Und so war der prominenteste Gast diesmal nicht wie im Vorjahr Merkel- und EU-Kritiker Viktor Orbán, sondern die neue CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer. Diese beschrieb den Stil, der ihr im Umgang mit der CSU vorschwebt, so: "Ich bin ja selbst mit fünf Geschwistern groß geworden. Da gilt der alte Spruch: Man streitet sich untereinander, aber wenn die Nachbarskinder kommen, dann hält man zusammen."

Die "roten" Nachbarskinder dürften im Jahr 2019 einige Ansprüche stellen. Im Koalitionsvertrag hatten Union und SPD vereinbart, im Herbst 2019 eine Halbzeitbilanz zu ziehen. Die SPD hat schon deutlich gemacht, sehr vehement auf diese Revisionsklausel pochen zu wollen.

Derzeit hat die SPD aber hausgemachten Ärger. In Umfragen liegt sie bei 15 Prozent und gleichauf mit der AfD. Dennoch sagt Olaf Scholz, Vizeparteichef, Vizekanzler und Finanzminister, er traue sich das Amt des Kanzlers zu. Nordrhein-Westfalens SPD-Chef Sebastian Hartmann und der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil meinten daraufhin, eine Kanzlerkandidaten-Debatte sei so ziemlich das Letzte, was die SPD jetzt brauche. (Birgit Baumann aus Berlin, 7.1.2019)