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PRO: Ökonomisch sinnvoll

von Günther Oswald

Man muss nicht dem Kommunismus anhängen, um für eine Ausweitung von Vermögenssteuern zu sein. Die EU-Kommission und der Internationale Währungsfonds – beide Institutionen stehen nicht im Verdacht, linkslinke Propaganda zu betreiben – weisen in ihren Berichten regelmäßig darauf hin, dass Österreich bei den Vermögenssteuern deutlich unter dem internationalen Schnitt liegt. Laut Brüssel liegen die Einnahmen aus derartigen Quellen EU-weit bei 1,6 Prozent der Wirtschaftsleistung, hierzulande sind es nur 0,2 Prozent.

Das ist für sich natürlich noch kein Argument. Schließlich muss nicht alles, was andernorts praktiziert wird, auch gut sein. Eine Anhebung ist aber auch aus ökonomischer Sicht zu empfehlen. Es gibt diverse Studien, die belegen, dass Steuern auf Vermögen, also etwa eine Erbschafts- und Schenkungssteuer, die Grundsteuer oder Vermögenszuwachsteuern vergleichsweise wachstumsfreundlich sind.

Wenn also im neuen Jahr eine größere Steuerreform vorbereitet wird, dann wäre es sinnvoll, diese nicht nur mit Budgetkürzungen im Rasenmäherstil gegenzufinanzieren. Türkis-Blau wird derartigen Argumenten wohl trotzdem nicht aufgeschlossen sein. Die Koalition agiert in der Frage nicht ökonomisch, sondern ideologisch. Warum die SPÖ zaudert, wissen wohl nur die Genossen. Sie wäre an und für sich auf dem richtigen Dampfer, hat aber offensichtlich Angst vor der eigenen Courage. (Günther Oswald, 4.1.2019)

KONTRA: Politisch schädlich

von Conrad Seidl

In Österreich herrscht ein von linken Politikern über Jahrzehnte geschaffenes und von rechten Politikern für deren Zwecke gern weiter geschürtes Grundgefühl, dass es in diesem Land ziemlich ungerecht zuginge. Es ist aber falsch: Aus Umfragen weiß man, dass dieselben Leute, die dieses Grundgefühl verspüren, sich persönlich als alles in allem gerecht behandelt fühlen.

Das gilt auch in steuerlichen Dingen: Die Hälfte der Befragten sagte bei einer Market-Umfrage, dass sie sich auch bei der kommenden Steuerreform keinerlei Sorgen mache, ungerecht behandelt zu werden, ein weiteres Drittel macht sich kaum Sorgen, und nur 17 Prozent haben Befürchtungen. Die Sorge, dass Vermögen – ob als Besitz oder als Erbschaft – weiter belastet wird, ist bei der türkis-blauen Regierung ziemlich unbegründet. Dieser kann man alles mögliche vorwerfen, nicht aber Eigentumsfeindlichkeit. Die Regierungspolitiker meinen nämlich, dass es schon genügend (oft versteckte) Steuern auf Besitz gibt.

Und auch SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner will nicht ausgerechnet jetzt Spielverderberin sein – das käme bei den potenziellen Wählern gar nicht gut an. Denn Steuererhöhungen jeder Art sind unpopulär: Zu gut weiß man, dass versprochene Ausnahmen (etwa für das Eigenheim, das derzeit "nur" mit der Grundsteuer belastet ist) oder Freibeträge (etwa eine Million Euro) bei nächster Gelegenheit gekippt werden könnten. Das Image einer eigentumsfeindlichen Partei kann sich die SPÖ nicht leisten. (Conrad Seidl, 4.1.2019)