Du kriegst den Mann aus der Opposition. Doch schwer bekommst du die Opposition aus ihm wieder heraus. Ein Jahr Vizekanzler, verfügt Heinz-Christian Strache nach wie vor über die alten Reflexe. Zwar lächelt er die sich bisweilen verheddernde Lou Lorenz-Dittlbacher milde bis mitleidig an. Wenn's eng wird (Stichwort Mindestsicherung), leuchten seine dreizehn Oppositionsjahre aber in grellen Polemikfarben auf.

Nein, die Notstandshilfe werde nicht abgeschafft! Das seien "die typischen sozialistischen Fake-News", sagt Strache, um freudig nachzulegen: Es "spaltet die sozialistische Partei dieses Land – in vielen Bereichen".

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Nicht nur die Sozialdemokraten, die in der Langfassung des Interviews (ORF-TVthek) noch einiges mehr umgehängt bekommen, auch der Bundespräsident scheint bei Strache unter oppositioneller Beobachtung: Dessen Neujahrsplädoyer für das Friedensprojekt Europa hat Strache womöglich mit dem Taschenrechner analysiert: Der Begriff "Österreich" wäre von Alexander Van der Bellen nicht verwendet worden! Das Wort "Europa" hingegen etwa achtzehn Mal – unter Umgehung des Begriffs Europäische Union allerdings. Sieht der Bundespräsident Fehlentwicklungen wie Strache? Ist da, wenn schon kein Patriotismus, so Kritik an Brüssel?

Auch der Mann hinter Sebastian Kurz weiß das in der ersten "ZiB 2" 2019 nicht genau. Jedenfalls: Das Friedensprojekt ist okay, Frieden will auch Strache. Bei der Wahl zum EU-Parlament gelte es allerdings, die Willkommenskultur abzuwählen, und da war es wieder, dieses alte Prickeln.

Strache wirkt wie ein Mann, der ein Paradox lebt. Er ist der Mitregierende, in dem die Opposition lustvoll tobt. (Ljubiša Tošić, 3.1.2019)