Der Sportwissenschafter Roland Werthner ...

Foto: Zehnkampf-Union

... und sein Bruder, der Olympia-Zehnkämpfer Georg (re.), führen auch die Mehrkampf-Versprechen Sarah Lagger ...

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... und Leon Okafor konsequent an die Spitze heran.

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Die Oberösterreicherin Johanna Plank nahm mit Bronze bei den U18-Europameisterschaften Anfang Juli in Györ die erste internationale Medaillenhürde.

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Der Eifer, die Begeisterung, sie führen manchmal zu brüderlichen Kollisionen. In diesen Fällen und zumindest in der Öffentlichkeit scheint Roland Werthner, der Obmann der TGW Zehnkampf-Union, das letzte Wort zu haben. Und Bruder Georg Werthner, der Vierte des olympischen Zehnkampfs von Moskau 1980 und also der renommierteste Exponent des Vereins, lächelt leise, weil der Chef ungern unterbrochen wird, wenn er anhand von Auswertungen aller Art eine erstaunliche Geschichte ausbreitet. Die Geschichte vom vielleicht erfolgreichsten Talenteschuppen der europäischen Leichtathletik.

Zur Jahrtausendwende haben die Werthners, der Trainingswissenschafter Roland, der ehemalige Weltklasseathlet Georg und, nicht zu vergessen, der dritte Bruder Ulrich mit einer Gruppe ambitionierter Eltern und deren Kindern in Linz begonnen. Gespeist wurde der Pool an Nachwuchssportlern aus Kinder-Zehnkämpfen, die sich wiederum aus den von Georg Werthner initiierten Jedermann-Zehnkämpfen entwickelt hatten.

Gesamtpunkterekord

Das Jahr 2018 schloss die Zehnkampf-Union mit dem fünften Sieg im Cupbewerb des österreichischen Leichtathletikverbandes ÖLV en suite ab – Erster unter 207 Vereinen, neue Punkterekorde bei Frauen und Männern, Gesamtpunkterekord. Die Werthners bilanzierten mit 43 österreichischen und 80 Landesmeistertiteln.

Härter ist noch die internationale Währung. Seit Juli 2015, als die Kärntnerin Sarah Lagger bei der Jugend-WM in Cali, Kolumbien, die Silbermedaille im Siebenkampf gewann und so eine breitere Aufmerksamkeit auf die Arbeit der Werthners lenkte, hat die TGW Zehnkampf-Union sieben Medaillen bei Nachwuchseuropa- und -weltmeisterschaften geholt. Roland Werthner ist sich eines europäischen Alleinstellungsmerkmals ziemlich sicher. Bayer Leverkusen, der wichtigste deutsche Verein, kam in dem Zeitraum nur auf sechs Medaillen.

Längst ist die TGW – die Sponsorentätigkeit des Marchtrenker Logistikunternehmens kompensiert die bescheidene öffentliche Förderung – nicht nur durch Georg Werthners Schützling Lagger (19) auf der internationalen Bühne präsent. Zwar setzte die Mehrkämpferin mit Silber bei der U20-WM in Tampere auch 2018 wieder das Highlight. In der Hürdensprinterin Johanna Plank und im Zehnkämpfer Leon Okafor erwuchsen dem Verein jedoch schon die nächsten Aushängeschilder. Die Laakirchenerin Plank (16) sprintete bei der U18-EM in Györ in österreichischer U18-Rekordzeit zur Bronzemedaille und bei den olympischen Jugendspielen in Buenos Aires auf Rang vier. Okafor, Sohn einer Südtirolerin und eines Nigerianers – die Familie lebt in Asten bei Linz -, ließ Bronze bei der U18-EM im Vorjahr und Rang sechs bei der U20-WM folgen.

Ein Footballspieler als Leichtathlet

7454 Punkte sammelte der 1,93 Meter große, seit Heiligabend 19 Jahre alte Athlet im vergangenen Juli in Tampere ein. Sein Sportlehrer am BORG Linz hatte den Werthners den talentierten Fußballer und Footballspieler der Steelsharks Traun ans Herz gelegt. Georg Werthner fühlt sich bei Okafor an den ehemaligen Zehnkampf-Weltrekordler Daley Thompson erinnert, auch des lebhaften Charakters wegen.

Lagger, Plank, Okafor und noch ein, zwei weitere Athleten der Zehnkampf-Union sind dem Dafürhalten der Werthners nach drauf und dran, den letzten Schritt zu tun und sich auch international in der allgemeinen Klasse mehr als nur zu etablieren – Olympia 2020 in Tokio ruft.

Die Breite soll aber angesichts der absoluten Spitze nicht in den Hintergrund treten. Immerhin zählt der Verein rund 90 Leistungs- und weitere 60 Nachwuchsathleten. Die Werthners können nicht alles managen. "Es ist sehr viel Selbstorganisation nötig", sagt Obmann Roland. Und Freude trotz magerer Förderung: "Einen Grundtenor der Enttäuschung wollen wir gar nicht erst aufkommen lassen."

Das Engagement der Vereinsgründer ist längst keine Einbahnstraße mehr. Insgesamt 27 Mitglieder der TGW Zehnkampf-Union haben inzwischen eine staatliche Trainer- oder Instruktorenausbildung abgeschlossen. Das Fundament des Talenteschuppens wird damit immer stabiler. (Sigi Lützow, 28.12.2018)