Daumen hoch für den Datenaustausch mit Partnern: Die Weitergabe von Nutzerinfos an Spotify, Netflix, Microsoft, Amazon und zahlreiche andere Tech-Konzerne bringt Facebook in die Bredouille.

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Facebook hat prominenten Partnern weitreichenden Zugriff auf die Daten seiner Nutzer gegeben. Das geht aus internen Dokumenten aus dem Jahr 2017 hervor, die nun von der "New York Times" eingesehen wurden. So konnten Netflix und Spotify die privaten Chatprotokolle der User lesen, während Microsofts Suchmaschine Bing die Freundeslisten der Nutzer abrufen durfte. Facebook gestaltete die Partnerschaften so, dass es selbst vom Informationsaustausch profitierte. So erhielt der Konzern etwa Kontaktlisten der User von Amazon, Yahoo und Huawei.

Widerspruch zu Firmenspitze

Die Enthüllungen stehen in starkem Widerspruch zu Aussagen von Firmenchef Mark Zuckerberg. Dieser hatte vor dem US-Kongress behauptet, Nutzer hätten absolute Kontrolle über ihre Daten. Dass Netflix und Spotify private Nachrichten lesen dürfen, war aber wohl den wenigsten Usern bewusst. Die beiden Streamingdienste gaben gegenüber der "New York Times" an, von dieser Berechtigung keinen Gebrauch gemacht zu haben. Die Royal Bank of Canada, die angeblich ebenfalls Nutzerdaten lesen konnte, bestritt die "New York Times"-Recherchen.

Kein Überblick

Die Vorgänge legen nahe, dass Facebook keinen Überblick über einst erteilte Berechtigungen mehr hatte. So konnte etwa Yahoo noch auf Userdaten zugreifen, obwohl ein entsprechendes Feature schon vor Jahren abgedreht worden war. Dasselbe galt für die "New York Times" selbst. Ein Facebook-Sprecher gab an, dass Partner "rigoroser Kontrolle" unterliegen. "Wir wissen, dass wir daran arbeiten müssen, Vertrauen zurückzugewinnen", so Steve Satterfield, Facebooks Director of Privacy and Public Policy. Er betont, dass alle Partnerschaften unter US-Recht legal gewesen seien.

Konsumentenschützer bezweifelt Rechtmäßigkeit

Das bezweifelt jedoch ein ehemaliger Konsumentenschützer von der Federal Trade Commission, der US-Aufsichtsbehörde. Abgesehen von einem juristischen Nachspiel dürften die Enthüllungen für eine neuerliche Welle der Empörung sorgen. Facebook steht seit Monaten wegen seines laschen Umgangs mit Nutzerdaten unter Druck. So wurde im Frühjahr enthüllt, dass über Facebook-Quiztools Daten von Millionen Nutzern gesammelt und ohne deren Wissen an die dubiose PR-Firma Cambridge Analytica weitergegeben wurden. Diese hatte bei Donald Trumps Wahlsieg und dem Brexit-Referendum mitgemischt.

Empörung und Ermittlungen

Als Folge des Skandals gelobte Facebook Besserung. Firmenchef Zuckerberg und hochrangige Manager mussten weltweit vor politischen Untersuchungsgremien auftreten; außerdem laufen juristische Ermittlungen. Doch beinahe im Wochentakt dringen neue negative Details nach außen. So wurde unlängst bekannt, dass Facebook eine PR-Firma mit Negativkampagnen gegen Rivalen sowie den Spekulanten und Philanthropen George Soros beauftragt hatte.

Politiker und Datenschützer versuchen die Datensammelwut von Facebook einzudämmen. In Österreich kämpft etwa Max Schrems gegen Facebook, doch sein Prozess wird von Zuständigkeitsfragen und juristischen "Hütchenspielereien" gelähmt. Die EU versucht mit der Ende Mai in Kraft getretenen Datenschutzgrundverordnung, Usern mehr Handhabe über ihre Daten zu verschaffen.

Reaktionen

Mittlerweile hat sich Netflix zu der Causa geäußert. Um das eigene Angebot "sozialer" zu machen, habe man 2014 ein Feature integriert, das es ermöglichte, Freunden Serien und Filme über Facebook, Facebook Messenger oder die Netflix-App zu empfehlen. Mangels Popularität sei das jedoch ein Jahr später entfernt worden. "Zu keinem Zeitpunkt haben wir auf private Nachrichten (...) zugegriffen oder um die Möglichkeit dazu gebeten", heißt es in der Stellungnahme. (fsc, 19.12.2018)

Update 11.15 Uhr: Stellungnahme von Netflix ergänzt.