Die E-Evidence-Verordnung könnte Auswirkungen auf das österreichische Urheberrecht haben – vor allem wenn sie vor der geplanten Urheberrechtsreform in Kraft tritt.

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Wer illegal im Internet urheberrechtlich geschützten Content downloadet oder streamt, hat bisher wenige Probleme gehabt. In Österreich dürfen nur Staatsanwälte anhand einer IP-Adresse die Herausgabe von Nutzeridentitäten bei Internetanbietern verlangen. Private, in diesem Fall Rechteinhaber, hatten also in der Praxis bisher wenige Möglichkeiten, Urheberrechtsverletzungen zu ahnden. Das könnte sich allerdings mit der geplanten E-Evidence-Verordnung der EU maßgeblich ändern.

Beweismittel direkt einholen – EU-weit

Diese sieht nämlich vor, dass elektronische Beweismittel künftig europaweit direkt eingeholt werden können – sei es von Telekomanbietern, Clouddiensten oder sozialen Netzwerken. Beispielsweise könnten österreichische Strafverfolgungsbehörden von einem deutschen Unternehmen Auskunft verlangen, ohne dass dafür der deutsche Staat benachrichtigt werden muss.

In der Praxis bedeutet das im Netz aber auch, dass ausländische Gesetze gelten. Der Rechtsanwalt Lukas Feiler von der Kanzlei Baker McKenzie erklärt das gegenüber dem STANDARD mit einem Beispiel: "Erkennt ein österreichischer Urheber eine Verletzung, könnte er argumentieren, dass die Zurverfügungstellung seines Inhalts auch deutsches Strafrecht verletzt." Schließlich sei der jeweilige Inhalt auch für deutsche Nutzer illegal zur Verfügung gestellt worden.

Zugangsdaten können immer verlangt werden

Somit sei es möglich, in Deutschland ein Strafverfahren einzuleiten. Dort ist die Staatsanwaltschaft für solche Fälle zuständig – und kann aufgrund der neuen Verordnung Informationen darüber verlangen, wem die jeweilige IP-Adresse zugewiesen wurde. Eigentlich kommt die Verordnung bei Verbrechen, die in dem anfragenden Staat mit einer Mindesthöchststrafe von drei Jahren bestraft werden, zur Anwendung – außer es geht um Zugangsdaten, wie in der aktuellen Fassung vorgeschrieben ist. "Das sind zum Beispiel Name, Anschrift und IP-Adresse", sagt Feiler. Urheber könnten also auf diese Weise an die Daten gelangen und eine Verletzung mit diesen Informationen in Österreich einklagen.

Moser begrüßt Veordnung

Das EU-Parlament verhandelt aktuell seine Position zu E-Evidence. Darauf folgen die Triloggespräche mit Rat und Kommission. Wie das Parlament zu dem Gesetz steht, ist unklar – die neuen Mehrheiten könnten andere Positionen haben als bisher.

Die mittlerweile zersprungene türkisblaue Regierung begrüßte die geplante Verordnung. Elektronische Beweismittel seien ein immer wichtigerer Teil bei Strafverfahren, weshalb die neue Regulierung die bisher mühsamen Methoden ersetze und einen raschen Zugriff sicherstelle, sagte der damalige Justizminister Josef Moser (ÖVP). Kritiker, etwa die Ispa, der Verband österreichischer Internetprovider, warnen davor, dass Anbieter künftig Datenauskunft für Fälle geben müssen, die in Österreich gar nicht strafbar sind. Parallel zu der geplanten europaweiten Kooperation will die EU auch mit den USA ein Abkommen – viele Daten liegen nämlich bei US-Anbietern sozialer Netzwerke. (Muzayen Al-Youssef, 24.6.2018)