Wollen europäische Autobauer künftig nicht nur Fahrgestelle für Multis wie Google bauen, müssen sie sich auch in Sachen Software etwas einfallen lassen.

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Helmut Fallmann ist Mitgründer der Firma Fabasoft und seit sechs Jahren als Berater für die EU-Kommission tätig.

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In drei Gestirne teilte sich der Technologiemarkt bisher: die USA als Heimat für Infrastruktursoftware, Asien für Hardware, und aus Europa kamen die Anwendungen und Lösungen. Aktuell wankt diese Aufteilung. Geht es nach vielen Politikern und Experten, hat Europa den Anschluss bereits lange verloren. Zu mächtig sei das Silicon Valley.

Mitgründer und Vorstandsmitglied der Linzer Softwarefirma Fabasoft Helmut Fallmann sieht das anders. Fallmann, der in Digitalisierungsfragen seit sechs Jahren die Europäische Kommission berät, nennt das iPhone als plakatives Beispiel. "Es bietet eine hervorragende Basistechnologie, jetzt geht es darum, diese Plattform für europäische Anwendungen zu nutzen." Setze sich das Smartphone als Bezahlungstool durch und würde das Bankingsystem von Apple gestellt, dann hätte Europa verloren, so Fallmann. Man müsse in diesem konkreten Fall das europäische Bankwesen in den Vordergrund stellen. "Mit GSM hat Europa in der Mobilfunkbranche einst alle Standards gesetzt. Ähnliches ist auch heute noch möglich", sagt der Oberösterreicher überzeugt.

Viele ähnliche Beispiele

Vergleichbare Beispiele finden sich viele. Niemand in der Automobilbranche wird dem Gedanken etwas abgewinnen, künftig nur noch ein Fahrgestell für Multis wie Google zu bauen. Mit Hardware allein werden Autobauer künftig kaum reüssieren.

Fabasoft investiert ein Viertel des Umsatzes – im Vorjahr knapp 32 Millionen Euro – in Forschung. Von den Wirtschaftsprüfern Ernst & Young wurde es zum innovativsten Unternehmen des Landes gekürt. Fallmann hofft, dass sich diese Denkweise bei mehr Firmen durchsetzt. Anders habe man gegen Google und Co keine Chance. "Europäer müssen mehr vom eigenen Content profitieren, um Googles Schmarotzertum einzudämmen." Was der Konzern mit diesem einseitigen Geschäftsmodell betreibe, sei Ausbeutung.

Schweiz der Daten

Ende Mai trat die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) in Kraft. In Österreich hadern nach wie vor viele Firmen mit der Umsetzung. Auch Fabasoft ging nicht alles problemlos von der Hand, doch der Firmengründer ortet in den neuen Regeln viel Potenzial. "Die DSGVO war ein klares Zeichen, wie mit personenbezogenen Daten umgegangen werden muss." Sie sei eine Aufwertung für den Standort Europa. "Das Gold der Zukunft sind Daten. Europa könnte bei Datenschutz das werden, was die Schweiz für Gold war."

Fabasoft beschäftigt rund 200 Mitarbeiter und ist in drei Geschäftsfeldern tätig. Begonnen hat alles im Jahr 1988 mit einer Software zur elektronischen Verwaltung von Akten und geschäftsrelevanten Dokumenten, eingesetzt in der öffentlichen Verwaltung, aber auch in der Privatwirtschaft. Personal- oder Schadensakten sind Beispiele. Der Firmensitz befindet sich nach wie vor in Linz, notiert ist man an der Frankfurter Börse.

iPad statt LKW

Das zweite Geschäftsfeld umfasst das Cloud-Computing. Daten werden verschlüsselt und in eigenen Rechenzentren in Österreich, Deutschland und der Schweiz gespeichert. Das Material lässt sich in Echtzeit bearbeiten. "Wenn Siemens die Dokumentation für einen Kraftwerksbau braucht, kommen nicht mehr zwei Lkw-Ladungen Papier, sondern zehn iPads."

Das dritte Standbein bildet die Tochterfirma Mindbreeze. Sie bietet eine Lösung, um "Datenchaos in der eigenen Organisation" zu überblicken: eine Suchmaschine für Dokumente im Unternehmen. Das System basiert auf einer künstlichen Intelligenz.

Ein Schlüsselmarkt von Mindbreeze sind die USA. In Europa zählen neben Ministerien und Städten Firmen wie Lufthansa, Ikea oder Spar zum Kundenkreis. (Andreas Danzer, 15.12.2018)