Warum als IT-lerin in einer NGO arbeiten? Es sei eine Arbeit mit Sinn, sagt Karin Ernst, IT Caritas.

Foto: Regine Hendrich

"Technik ist nicht per se ein Männerding. Nur wird immer noch eher den Jungs die Eisenbahn und den Mädchen die Puppe in die Hand gedrückt. Vorbilder sind da wichtig. Ich bin in einer technikaffinen Familie aufgewachsen. Mein Vater war einer der Ersten, die sich einen Computer gekauft haben, mein Bruder war auch sehr interessiert. Damals ging es für uns Kinder aber nur ums Spielen. Ein tiefergehendes Interesse entwickelte ich dann während des Studiums. Ich habe Kommunikationswissenschaften studiert. Alles, was mit Online-Medien zu tun hatte, fand ich besonders spannend, weil es die Zukunft war und auch immer noch ist.

Heute arbeite ich als Projektmanagerin bei der Caritas, seit mittlerweile drei Jahren. Wir sind 31 Leute, davon acht Frauen, also gar nicht so wenige. Unsere Aufgabe ist es, den Kolleginnen und Kollegen, die vor Ort mit den Menschen arbeiten, das Leben möglichst leicht zu machen. Wir kümmern uns zum Beispiel darum, dass Mitarbeiter einen Rechner haben mit allen Anwendungen, die sie brauchen. Und das sind eine ganze Menge. Die Caritas betreut ja ganz unterschiedliche Klienten – von Obdachlosen über Menschen mit Behinderung bis hin zu Asylsuchenden. In den jeweiligen Bereichen gibt es ganz unterschiedliche Anforderungen an die IT.

In der Pflege, dem Bereich, mit dem ich betraut bin, muss genau dokumentiert werden, was mit der zu pflegenden Person passiert. So werden etwa auch Wunden elektronisch erfasst: Es wird festgehalten, wie groß sie sind, welche Maßnahmen beschlossen und durchgeführt werden, und auch der Heilungsprozess wird beschrieben.

Was wir vorhaben

Ich bin keine Entwicklerin. Meine Aufgaben sind das Organisieren und Koordinieren. Ich bin dafür verantwortlich, dass Zeitplan und Kosten eingehalten werden. Auch in meinen früheren Jobs war ich Projektleiterin. In Deutschland, wo ich herkomme, habe ich in Web- und Online-Marketing-Agenturen gearbeitet, in Bremen und in München. Vor drei Jahren habe ich dann im Internet meine große Liebe kennengelernt. Für sie bin ich nach Österreich gezogen. Wir leben nun gemeinsam am Land, zwischen Wald- und Weinviertel, ringsherum ist es schön grün. Jeden Tag pendle ich mit dem Zug zur Arbeit, eineinhalb Stunden. Aber es zahlt sich aus.

Was meine Arbeit spannend macht, ist, was wir in Richtung Digitalisierung vorhaben. Die Caritas ist ja nicht gerade ein Technologieunternehmen, aber wir versuchen trotzdem am Puls der Zeit zu sein. Derzeit prüfen wir, welche Anwendungen es am Markt gibt und wie sie uns nutzen könnten. Oder wir versuchen eigene Anwendungen zu kreieren, von denen auch andere profitieren. Es ist herausfordernd, in diesem Bereich zu arbeiten, weil es ständig Innovationen gibt. Hat man ein Programm eingeführt, taucht schon wieder ein neues, besseres auf.

Auch darüber, wie Arbeitsplätze in fünf Jahren aussehen könnten, denken wir nach. Dabei beziehen wir die Bedürfnisse der Mitarbeiter mit ein: Wollen sie auch von unterwegs oder von daheim aus arbeiten können? Eine Überlegung ist, von serverbasierten Anwendungen wegzukommen, hin zu webbasierten.

Noch besser zu helfen

Natürlich habe ich in den Agenturen mehr verdient als jetzt in einer NGO. Aber die Arbeitstage waren lang, und jetzt ist meine Arbeit viel sinnstiftender und abwechslungsreicher. Teilweise habe ich mit Dingen zu tun, von denen ich es nie gedacht hätte. Ich muss auch inhaltlich tief in die jeweiligen Bereiche eintauchen, um zu verstehen, wo es Probleme gibt. Was hat der Mitarbeiter falsch gemacht, oder ist es ein Software-Fehler? Da ich mich viel mit der elektronischen Pflegedokumentation beschäftigt habe, weiß ich jetzt viel besser, wie Pflege abläuft, und habe mein medizinisches Fachvokabular verbessert. Das ist auch durchaus hilfreich, um den eigenen Hausarzt besser zu verstehen.

Obwohl ich im Hintergrund arbeite, also nicht im direkten Kontakt mit den Klienten, habe ich das Gefühl, etwas zu bewirken. Und zwar, indem ich meine Kollegen dabei unterstütze, noch besser helfen zu können." (Protokoll: Lisa Breit, 15.12.2018)