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Die Aquarius wird nicht mehr zum Einsatz kommen.

Foto: AP / Claude Paris

Bereits seit zwei Monaten liegt das Hilfsschiff Aquarius im Hafen von Marseille. Panama hatte dem Schiff, das von Ärzte ohne Grenzen und SOS Méditerranée betrieben wird, die Flagge und somit die Zulassung für ein Auslaufen entzogen. Nun steht fest: Die Aquarius wird nicht mehr in die Such- und Rettungszone vor Libyen fahren. Ärzte ohne Grenzen bestätigte dem STANDARD, dass der Einsatz im Mittelmeer eingestellt wird. Erst diese Woche hatte auch die Schweiz der Aquarius verweigert, das Schiff unter ihrer Flagge zu registrieren.

"Was wir in den vergangenen Monaten erlebt haben, war eine gezielte Kampagne gegen die Rettung verzweifelter Menschen auf dem Mittelmeer, angeführt von Italien und unterstützt von anderen EU-Staaten wie Österreich", sagt Laura Leyser, Geschäftsführerin der Hilfsorganisation in Österreich.

Hafensperre in Italien

Damit gemeint ist unter anderem ein an Flüchtlingshilfsschiffe gerichtetes Verbot Italiens, in seine Häfen einzulaufen, und Ermittlungen der Staatsanwaltschaft in der Hafenstadt Catania unter anderem gegen Crewmitglieder der Aquarius. Der Vorwurf: Kleidungsstücke geretteter Menschen sollen nicht als gefährlicher Abfall gekennzeichnet und mit normalem Abfall entsorgt worden sein. Ärzte ohne Grenzen wehrt sich gegen den Vorwurf. Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hatte die Hilfsorganisation zuvor mit Schleppern gleichgesetzt.

Laut Ärzte ohne Grenzen kommt das "erzwungene Einsatzende zu einem kritischen Zeitpunkt". Mehr als 2130 Menschen sind seit Beginn des Jahres im Mittelmeer ertrunken. Die meisten von ihnen fliehen von Libyen aus. Durch den Einsatz der libyschen Küstenwache wurden mehr als 14.000 Fliehende abgefangen und wieder in das Land zurückgebracht. International gilt Libyen nicht als "sicherer Ort", da es nicht die Genfer Flüchtlingskonvention ratifiziert hat. Eben solch einen Ort braucht es aber laut Seerecht, um eine Rettung auf dem Meer abschließen zu können.

Seit Beginn ihres Einsatzes im Februar 2016 hat die Aquarius fast 30.000 Menschen aus Seenot gerettet. Ihren letzten Einsatz hatte sie bis zum 6. Oktober, bei dem 58 Menschen aus dem Meer gerettet wurden. Nachdem sich zunächst keine europäische Einsatzstelle für die Rettung zuständig gefühlt hatte, wurden die Geretteten schließlich doch an Malta übergeben und anschließend auf vier EU-Staaten aufgeteilt: Deutschland, Spanien, Portugal und Frankreich.

Kein komplettes Ende

Doch das komplette Ende des Engagements im Mittelmeerraum will Ärzte ohne Grenzen noch nicht verkünden: "Wir weigern uns, tatenlos zuzusehen, wie Menschen im Mittelmeer sterben", sagt Karline Kleijer, Notfallkoordinatorin der NGO: "Solange die Menschen weiterhin auf See und in Libyen leiden, wird Ärzte ohne Grenzen nach Möglichkeiten suchen, sie medizinisch und humanitär zu versorgen." (Bianca Blei, 6.12.2018)