Obwohl sie ohne Gebärmutter zur Welt gekommen ist, hat eine Frau in Brasilien ein gesundes Baby ausgetragen.

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Etwa zehn bis 15 Prozent aller Paare im reproduktionsfähigen Alter sind von Unfruchtbarkeit betroffen. Davon hat jede 500. Frau eine Fehlbildung der Gebärmutter. Neben Adoption und Leihmutterschaft ist für diese Paare bei Kinderwunsch seit einiger Zeit auch die Gebärmuttertransplantation eine Option.

Der erste Eingriff dieser Art fand 2013 in Schweden statt. 39 weitere Operationen gab es seither, insgesamt elf Kinder kamen auf diese Weise bisher zur Welt. All diesen Eingriffen war gemeinsam: Immer haben lebende Angehörige ihre Gebärmutter gespendet.

Aber auch von bereits verstorbenen Frauen wurden schon Uteri entnommen, weltweit gab es insgesamt elf solcher Gebärmuttertransplantationen. Kürzlich wurde erstmals ein Baby geboren, nachdem die Mutter eine Gebärmutter einer bereits hirntoten Spenderin erhalten hatte. Der zugehörige Fallbericht brasilianischer Ärzte und Wissenschafter der Universität São Paulo wurde nun im Magazin "Lancet" veröffentlicht.

Zehn-Stunden-OP

Die Spenderin im vorliegenden Fall war 45 Jahre alt und starb an einer Subarachnoidalblutung, einer Art Schlaganfall. Ihr wurde die Gebärmutter entfernt und anschließend in einer zehneinhalbstündigen Operation der Empfängerin transplantiert. Bei der OP wurden die Venen und Arterien der Gebärmutter mit jenen der Empfängerin verbunden, ebenso die Bänder und Vaginalkanäle.

Die Empfängerin des Transplantats war eine 32-jährige Patientin, die ohne Uterus geboren wurde. Die OP fand im September 2016 statt. Vier Monate vor der Transplantation hatte die Patientin eine In-vitro-Fertilisation (IVF). Dieser führte zu acht befruchteten Eiern, die eingefroren wurden.

Vom Tag der Operation bis zur Geburt erhielt die Patientin Immunsuppressiva, die eine Abstoßung der Gebärmutter verhindern sollten, sowie antimikrobielle Mittel, eine Anti-Blutgerinnungsbehandlung und Aspirin. Die Behandlung hatte Erfolg: Fünf Monate nach der Transplantation zeigte die Gebärmutter keine Anzeichen einer Abstoßung.

Keine Komplikationen

Im vorliegenden Fall hatten die behandelnden Ärzte die Zeit zwischen Explantation und Implantation im Vergleich zum Verfahren der Lebendspende auf acht Stunden verdoppelt, heißt es in "Lancet". Zudem haben sie die Zeitspanne zwischen Transplantation und künstlicher Befruchtung der Empfängerin auf sieben Monate verkürzt. Zu diesem Zeitpunkt wurden die befruchteten Eizellen dann implantiert. Zehn Tage später kam die Nachricht: Die Patientin ist schwanger.

Zehn Wochen später folgte eine nichtinvasive pränatale Untersuchung, die einen normalen Fötus zeigte. Bei Ultraschalluntersuchungen nach zwölf und 20 Wochen sahen Mediziner und Mutter ein gesundes Baby im Bauch.

Abgesehen von einer Niereninfektion nach 32 Wochen hatte die werdende Mutter keine Probleme während der Schwangerschaft. Das Baby wurde nach 35 Wochen und drei Tagen per Kaiserschnitt geboren und wog 2550 Gramm. Die transplantierte Gebärmutter wurde während des Kaiserschnitts entfernt und damit auch die immunsuppressive Therapie beendet. Drei Tage nach der Geburt wurden Mutter und Kind aus dem Spital entlassen.

"Das Besondere ist, dass es bei der Gebärmutter um eine zeitlich begrenzte Transplantation geht. Der Uterus wird nach ein oder zwei erfolgreichen Schwangerschaften wieder entfernt, deshalb kann die Immunsuppression gestoppt werden", kommentiert Xavier Rogiers, Leiter des Transplantationszentrums des Universitätsklinikums Gent in Belgien, den vorliegenden Fall.

Keine klinische Routine

"Der Einsatz von verstorbenen Spendern könnte den Zugang zu dieser Behandlung erheblich erweitern", sagt Dani Ejzenberg von der medizinischen Fakultät der Universität von São Paulo. Die Notwendigkeit einer lebendigen Spenderin sei eine große Einschränkung. "Die Zahl der Menschen, die bereit sind, nach ihrem eigenen Tod Organe zu spenden, ist weitaus größer als die der lebenden Spender", so Ejzenberg.

In Zukunft könnte eine Uterustransplantation auch bei weiteren Indikationen angewendet werden, zum Beispiel bei nicht operablem Gebärmutterkrebs oder unerklärlicher uteriner Unfruchtbarkeit. Matthias W. Beckmann, Direktor der Frauenklinik am Universitätsklinikum Erlangen, glaubt dennoch nicht, dass die Transplantation von Uteri von verstorbenen Frauen in die klinische Routine eingehen wird: "Der Uterus ist das Organ, das im Rahmen der Explantation einer Organspenderin mit als Letztes entnommen wird. Somit besteht, bereits bevor der Uterus entnommen wird, eine zu lange Zeit, in der die Perfusionsqualität (Durchblutung, Anm.) nicht ausreichend ist. Das ist auch aus meiner Sicht der Hintergrund dafür, dass die bisherigen Transplantationen von toten Spenderinnen nicht so erfolgreich waren."

Hinzu kommt, dass das Entnahme- und Transplantationsteam eigentlich identisch sein müssen, weil Mediziner noch wenig Erfahrungen mit der Entnahme von Uteri haben. Für gewöhnlich sei die Spenderin ja nicht an derselben Klinik zur Organentnahme wie die Empfängerin. "Somit müsste eine flächendeckende Entnahmeoption vorhanden sein, was zum derzeitigen Zeitpunkt insbesondere in Deutschland beziehungsweise in keinem anderen Land vorhanden ist", so Beckmann. (bere, 5.12.2018)