Licht aller je existierenden Sterne gemessen
Als im 16. Jahrhundert die Idee aufkam, das Universum sei unendlich groß und die Sterne würden sich weitgehend gleichmäßig darin verteilen, ergab sich für die Astronomen der frühen Neuzeit ein erhebliches Problem: Unter den genannten Voraussetzungen müsste der nächtliche Himmel von der Erde aus gesehen eigentlich mindestens taghell sein. Der als Olberssches Paradoxon bekannte Widerspruch ließ sich erst auflösen, als man erkannte, dass weder Zeit noch Anzahl der Sterne unendlich sind. Wie viel Licht tatsächlich seit Anbeginn der Zeit vor 13,7 Milliarden Jahren von den geschätzten zehn Trilliarden noch existierenden und bereits verloschenen Sternen abgestrahlt worden ist, hat nun ein Forscherteam unter der Beteiligung von Innsbrucker Astrophysikern errechnet. Grundlage der Analyse bildeten Daten des Nasa-Weltraumteleskops Fermi, das unter anderem das sogenannte extragalaktische Hintergrundlicht (EBL) misst, eine diffuse Strahlung, die sich aus allen Wellenlängen des ultravioletten, sichtbaren und infraroten Lichts zusammensetzt.
Das im Fachjournal "Science" präsentierte Ergebnis in Form der Zahl der Photonen lautet 4 x 1084 – also eine 85-stellige Zahl. Als Indikator für das EBL benutzten die Wissenschafter die Quellen von Gammastrahlen. Das ist die energiereichste Form von Licht – so energiereich, dass es ungewöhnliche Folgen hat, wenn Gammastrahlen mit dem Sternenlicht wechselwirken. Das Signal dieser Wechselwirkungen kann Fermi mit einem seiner Instrumente (LAT) erkennen. Konkret wurden in dem Projekt über neun Jahre hinweg Gammastrahlensignale von 739 sogenannten Blazaren beobachtet, das sind Galaxien mit gigantischen Schwarzen Löchern in ihren Zentren. Aus diesen Daten wurde berechnet, wie sich das EBL im Laufe der Zeit aufbaute und es vor rund zehn Milliarden Jahren zum Höhepunkt der kosmischen Sternentstehung kam.
Für die Innsbrucker Astrophysiker sind die Ergebnisse eine unabhängige Bestätigung alternativer Messungen von Sternbildungsraten. Früheren Analysen der Sternentstehung, etwa mit Hilfe des Hubble-Weltraumteleskops, seien oft schwächere Sterne und Galaxien entgangen oder sie konnten Sternentstehungen im intergalaktischen Raum nicht berücksichtigen. Diese fehlenden Beiträge mussten bisher geschätzt werden. Das EBL beinhaltet jedoch das Sternenlicht aller Quellen, das Fermi-Ergebnis korrigiert damit frühere Messungen. Die Forscher erhoffen sich davon, auch zukünftige Beobachtungen von Missionen wie dem James Webb-Weltraumteleskop zu verbessern.