Die Europäische Union wird nach der Verschärfung des Konflikts um die Krim vorerst keine Ausweitung der seit der Annexion durch Russland im Jahr 2014 erstmals verhängten Sanktionen gegen Russland beschließen. Das machten EU-Ratskreise und die EU-Kommission am Mittwoch in Brüssel deutlich.

Die österreichische Außenministerin und derzeitige EU-Ratsvorsitzende Karin Kneissl hatte Zwangsmaßnahmen gegen Moskau tags zuvor bei einem Besuch in Berlin nicht ausgeschlossen. Auch die US-Regierung drängt die Partner in Europa zu einer härteren Gangart gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin. So bestätigte der US-Sonderbeauftragte für die Ukraine, Kurt Volker, am Mittwoch ebenfalls in Berlin, Washington werde die Europäer "sicherlich ermutigen", zusätzliche Sanktionen zu ergreifen. So sollten Firmen, die auf der Krim mit Russland Geschäfte machen, auf EU-Gebiet nicht mehr tätig werden dürfen.

In Brüssel hingegen setzt man zunächst einmal auf Appelle und Abwarten. Russland müsse die freie Schifffahrt im Asowschen Meer für ukrainische Schiffe sofort wieder zulassen, sagte der Vizepräsident der Kommission, Valdis Dombrowskis, bei einer Pressekonferenz nach der Sitzung des Kollegiums. "Die EU wird die illegale Annexion der Krim nicht anerkennen", betonte er.

Wie er Moskau dazu bringen will, die jüngste Offensive zurückzunehmen, ließ er offen. Am kommenden Montag werden sich die EU-Außenminister unter dem Vorsitz der Außenbeauftragten Federica Mogherini mit den jüngsten Entwicklungen befassen. Der Schwerpunkt der Bemühungen in den kommenden Tagen wird darauf gerichtet sein, die mehr als 20 von russischen Kräften festgenommenen Seeleute aus der Ukraine wieder freizubekommen.

Erst Prüfung der Sachlage

Gleichzeitig will die EU eingehend prüfen, wie es zu der jüngsten Eskalation gekommen ist, um mehr Fakten in der Hand zu haben, bevor man weitere Beschlüsse fasst. Das hatte auch Kneissl betont, die auf das genaue Abhören der Tonbandaufzeichnungen von der Auseinandersetzung auf dem Asowschen Meer verwies.

Der deutsche Außenminister Heiko Maas telefonierte unterdessen mit seinem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow in der Absicht, eine Entspannung zu erreichen. Die Umstände der Auseinandersetzung zwischen der ukrainischen Marine und russischen Patrouillen müssten geklärt werden. Maas sieht die Sicherheitsinteressen in Europa beeinträchtigt.

EU-Kommissar Johannes Hahn, der für die EU-Außenbeziehungen zu den osteuropäischen Nachbarländern zuständig ist, zeigte sich skeptisch, dass es zu neuen Sanktionen kommen werde. Die Union hat seit 2014 in mehreren Stufen Zwangsmaßnahmen gegen Personen in Russland – Militärs, Politiker und auch Firmen – verhängt, die in die Annexion der Krim und die militärische Eskalation in der Ostukraine verwickelt sind. Zuletzt sind die Sanktionen im September verlängert worden. (Thomas Mayer aus Brüssel, 29.11.2018)