Heinz Hollerweger, wie er auf Pensionist macht.

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Der e-Racer (das Geweih hinten ist das Cupra-Logo). Mündet 2020 in eine elektrische TCR-Serie. Bei den Serienautos folgt auf den SUV Ateca ein Cupra Leon – und vielleicht einmal ein ganz eigenes Modell.

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Seat tut was gegen das automobile Artensterben und legt sich eine eigene Submarke zu. Cupra. Eine Kompilation aus Cup und Racer. Als erstes Serienfahrzeug fährt der Cupra Ateca vor, ein tiefergelegter SUV, jaja, Sie dürfen ruhig drüber lästern, mit 300 PS und doch recht stimmiger Gesamtkonzeption, und es wird eh niemand behaupten wollen, das sei ein Sportwagen.

Unruhestand

Sportwagen, jetzt in echt, Rennwagen gar, Cup Racer, so was zeichnet sich mit dem Cupra e-Racer ab. Im Frühjahr war das Konzept am Genfer Autosalon vorgestellt worden. Da meinte Heinz Hollerweger, der seine Erfahrungen – 2015 als Chef der Quattro GmbH bei Audi (heute Audi Sport GmbH) verantwortete er unter anderem die Elektromobilausgabe des R8, den R8 e-tron – mit einbringen hat dürfen, es seien noch ein paar Hausaufgaben zu machen. Acht Monate danach ist er so nett und schwingt sich auf einen fortführenden Plausch in jenes Hotel in Barcelona ein, in dem wir anlässlich der Cupra-Ateca-Präsentation weilen. Eigentlich ist der Linzer in Pension, aber Ruhestand sieht bei ihm halt stets frischfröhlichwerktätig aus. Immerhin, sein Beratervertrag mit Seat läuft gerade aus, vielleicht findet er nun mehr Muße, etwa seiner dichterischen Ader zu frönen. Oder den Dreiradler auszuführen, den von Morgan.

Aber das ist ein anderes Thema. Hier geht es um den e-Racer. Die Idee dazu, erläutert er, sei nach einem Besuch beim kroatischen Hightech-Bastler Rimac entstanden. Zu dritt hatten sie sich Rimac' Werkstatt und das E-Auto Concept_One angesehen, mit von der Partie waren noch Matthias Rabe (Leiter Forschung und Entwicklung bei Seat) und Jaime Puig (Motorsportchef). Beim Rückflug habe Puig gesagt, es wäre eigentlich fein, eine Rennserie aufzusetzen. "So ist das Ding entstanden. Der Matthias war gleich begeistert."

Akkus für 30 Minuten Renneinsatz

Das "Ding" präsentiert sich momentan so: Batterie mit 65 kWh (eine Reihe verbaut bis unter den Vordersitz, dahinter eine zweite darüber angeordnet, auch beifahrerseitig befinden sich noch Zellen), 450 kg schwer, ausgelegt auf 30 Minuten Renndistanz; zwei Motoren hinten mit 680 PS (500 kW) und 960 Nm (jeweils maximal); 0-100 km/h in 3,2 Sekunden, Vmax 270 km/h; 1500 kg Leergewicht – inklusive Käfig, ansonsten ist das Auto komplett ausgeräumt.

Die Idee dahinter laute, neben der Formel E "eine TCR, eine bezahlbare Rennserie zu machen, auf E-Mobilitätsbasis". TCR-Promotor Marcello Lotti ist angetan, hat diese Serie gerade bestätigt mit Start 2020, auf sie mit Gesurr! Seat, präziser: Cupra ist allerdings bisher der einzige Hersteller.

Selbst gestalten

Technisch herausfordernd gewesen sei der Umbau des Fronttriebler-Leons auf Elektrifizierung. "Hat man viel Drehmoment bei niedrigen Drehzahlen, ist der Frontantrieb schnell am Ende. Von dorther war es zwingend, auf Hecktrieb umzusteigen." Vorteil des Pioniers: "Man kann eine Rennserie von vornherein selbst gestalten." Der E-Motor eröffne Möglichkeiten, die es beim Verbrenner nicht gebe – "denn wenn du zwei Elektromotoren unabhängig auf der Hinterachse hast, kannst du ein beliebiges Torque-Vectoring erzielen, Momente beliebig ansteuern. Völlig unabhängig voneinander, sowohl im Zug als auch im Schub."

Die ursprüngliche Karosserie mit einem Batteriepackage zu versehen, auf Hecktriebler umzubauen, dabei die richtige Gewichtsverteilung zu berücksichtigen, das seien die Hausaufgaben gewesen. Herausfordernd sei aber auch das Thema Bremsen, so Hollerweger. Um die Reichweite über die Renndistanz hinzubekommen (wie gesagt: eine halbe Stunde), sei man auf Rekuperation angewiesen. "Beim Hecktriebler rekuperierst du logischerweise hinten, was fürs Bremsen eher negativ ist, weil in dem Moment, wenn du verzögerst, kommt mehr Last auf die Vorderachse. Jetzt musst du das Bremsblending hinkriegen. Du hast auf der Vorderachse eine Reibungsbremse, auf der Hinterachse die regenerative. Und dieses Blending, zwischen vorn und hinten, das ist eine ziemliche Herausforderung." Man sei mit dem Tüfteln noch immer nicht am Ende, aber auf eine fahrerorientierte, individualisierbare Lösung gekommen.

Radnabenmotoren

Und warum kein Allradantrieb? "Es wäre noch mehr Gewicht." Beim R8 e-tron habe man beide Versionen gebaut, Allrad und Heckantrieb. "Reizt man beim Hecktriebler das aktive Torque-Vectoring wirklich aus, ist der Vorteil vom Allrad gering." Unterm Strich eröffne die E-Mobilität neue Freiräume bei der Architektur, "in Zukunft haben wir vielleicht sogar Radnabenmotoren, dann wird es noch einfacher". Was denn, und die ungefederten Massen? "Die höre ich, so lange ich im Geschäft bin. Ich persönlich glaube, dass das darstellbar wird, bei fortschreitendem Leichtbau. Bei Elektromotoren mit kleinen Leistungen komme ich zumindest in gewichtsähnliche Größenordnungen wie heute mit einer schweren Bremse. Ob das je was für den Renneinsatz wird, weiß ich allerdings nicht."

Zurück zur Submarke Cupra. Gestrickt ist diese nach Art von Abarth bei Fiat. Doch wie geht es nach dem Ateca weiter? "Die wirklich sportlichen Ausprägungen werden wir in den Leons erleben. Der Ibiza ist wirtschaftlich schwierig darstellbar. Das ist der erste Schritt. Aber ich kann mir schon vorstellen, dass man irgendwann sogar ein eigenes Cupra-Modell hat, das es bei Seat nicht gibt. Das jedenfalls wäre mein Traum." So ist er, der Heinz Hollerweger. Schließt das Treffen in Barcelona mit einer Reverenz an den spanischen Dramatiker Calderón de la Barca. Das Leben ein Traum. Sprach's und schiffte schnell sich ein ... :-) (Andreas Stockinger, 14.12.2018)