Bisher konnten die Regierungsspitzen strittige Punkte bei der Mindestsicherung nicht ausräumen. Ziel ist es, kommende Woche eine Einigung zu präsentieren.

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Wien – Das Thema Mindestsicherung bleibt eine zähe Geschichte in der Koalition. Auch eine hochrangig besetzte Verhandlungsrunde mit Kanzler Sebastian Kurz, Vizekanzler Heinz-Christian Strache, den beiden Regierungskoordinatoren Gernot Blümel und Norbert Hofer sowie Sozialministerin Beate Hartinger-Klein und Innenminister Herbert Kickl brachte am Freitag keine wesentlichen Fortschritte.

Die ÖVP sei bei dem Thema zu wenigen Konzessionen bereit, sagt ein mit der Materie vertrauter Blauer. "Nach der Aufregung um den Migrationspakt wollen sie mal wieder zeigen, wer Herr im Haus ist." Die eigentlich bereits für Juni geplante Vorlage eines Gesetzesentwurfs verzögert sich daher weiter. Nächste Woche soll es nun aber so weit sein, heißt es im Kanzleramt.

Eckpunkte längst klar

Dabei stehen die zentralen Eckpunkte für die Reform, wie berichtet, seit Monaten fest. Für Alleinstehende soll sich die Mindestsicherung weiter an der Mindestpension (aktuell 863 Euro) orientieren. Die Kinderzuschläge sollen ab dem zweiten Kind deutlich sinken, sodass Mehrkindfamilien unterm Strich weniger bekommen werden. Wer keine ausreichenden Deutschkenntnisse nachweisen kann, soll eine um 300 Euro niedrigere Leistung bekommen.

Uneinig sind sich ÖVP und FPÖ laut Verhandlern noch immer in der Frage des Vermögenszugriffs bei Kleinverdienern. Konkret geht es um die sogenannten Aufstocker, also Menschen, die ein niedriges Einkommen oder eine niedrige Notstandhilfe haben und deshalb einen Teilanspruch aus der Mindestsicherung haben.

Bereits ins System eingezahlt

Wie bei allen Mindestsicherungsbeziehern gibt es derzeit auch für diese Gruppe einen Vermögenszugriff. Ist also eine Immobilie vorhanden, kann die Behörde nach sechs Monaten ins Grundbuch gehen und sich die Ansprüche so absichern lassen. Die FPÖ will diese Möglichkeit streichen. Schließlich hätten die Aufstocker zumindest eine gewisse Zeit ins Sozialversicherungssystem eingezahlt.

Die ÖVP wiederum soll, auch auf Drängen ihrer Landesparteien, gegen eine Aufweichung sein. Gibt es keinen Vermögenszugriff mehr, könnte die Mindestsicherung, so die Befürchtung, für noch mehr Personen interessant sein. Für die Länder ist das deshalb relevant, weil sie die Kosten der Mindestsicherung tragen.

Notstandshilfereform folgt

Dazu kommt, dass in einem zweiten Schritt Anfang 2019 auch die Notstandshilfe in ihrer bisherigen Form abgeschafft werden soll. Wer dann keinen Anspruch auf das neue Arbeitslosengeld hat, würde ebenfalls in der Mindestsicherung landen. Auch hier ist man sich noch nicht einig, unter welchen Voraussetzungen auf Vermögen zugegriffen werden soll. Daher könnte jede Entscheidung jetzt ein Präjudiz für den zweiten Reformschritt sein.

Der Vermögengszugriff sei mittlerweile zu einer Symbolfrage geworden, heißt es folglich in Koalitionskreisen. FPÖ-Chef Strache steht bei dieser Frage hinter seiner Sozialministerin. Die Blauen machen Druck, weil Notstandshilfebezieher auch zu ihren potenziellen Wählern zählen und sie diese nicht vergraulen wollen. Noch hoffen die Freiheitlichen aber auf ein Entgegenkommen des Koalitionspartners, denn: "Das ist keine Wählerschicht der ÖVP. Sie hat zwar nichts zu verlieren, aber auch nicht wirklich etwas zu gewinnen." (Günther Oswald, 20.11.2018)