Ideologische Nachhilfe für die nächste Politikergeneration: Taschner.

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Wien – Für einen Abgeordneten der von Sebastian Kurz und seiner jugendlichen Gefolgschaft auf "neu" getrimmten Volkspartei hat der Abgeordnete Rudolf Taschner ein beachtliches Alter: 65 Jahre alt war er im März – das Jahr 1968 und seine politischen Umwälzungen hat er also als 15-jähriger erlebt. Und seine Wahrnehmungen von damals, seine daraus gereiften Einschätzungen gibt er nun an der Politischen Akademie der ÖVP an die nächstfolgenden Politikergenerationen weiter.

In der Reihe "Wissen schafft Wissen" trägt der Mathematiker am Montag über "Die 68er-Bewegung – Schein und Wirkung" vor.

Mondlandung statt Revolution

Auf den Prüfstand stellt er dabei eine Aussage der Publizistin Hannah Arendt, die gemeint hatte: "Mir scheint, die Kinder des nächsten Jahrhunderts werden das Jahr 1968 mal so lernen wie wir das Jahr 1848." Das schlägt sich zwar bisher nicht in den Lehrplänen nieder – eine Parallele findet der Wissenschafter dennoch bemerkenswert: 1848 und 1968 seien in Wirklichkeit von technologischen Entwicklungen geprägt gewesen – von der industriellen Revolution des 19. Jahrhunderts beziehungsweise von der nicht zuletzt durch das amerikanische Raumfahrtprogramm angestoßenen Entwicklung von Computern in den 1960er-Jahren. Und: Auch die Studentenrevolte von 1968 war ja in dem Sinn eine bürgerliche, als sie von Bürgerkindern getragen war.

Taschner sieht durchaus positive Effekte der 68er-Bewegung, auch auf bürgerlicher Seite müsse man fragen: "Was hat 1968 gebracht?" Der Volksbildner Taschner fängt bei Kreisky an, nennt etwa die Frauenrechte – beginnt aber zu bremsen, wenn er an die damals verkündete Formel von der "Durchflutung aller Lebensbereiche mit Demokratie" erinnert.

Die Konsequenz daraus, dass alles Private eben auch politisch wäre, hält er für gefährlich: "Da übernimmt sich der Staat. Am Beginn der modernen Staatstheorie steht ja Thomas Hobbes, der den Staat als Leviathan sieht und die Trennung des Privaten vom Staatlichen fordert." Wenn man in den vergangenen 50 Jahren als Folge der 68er-Bewegung die beiden Bereiche vermischt und verwischt hätte, dann liefe das dem bürgerlichen Denken zutiefst entgegen – "eine gefährliche Moralisierung", die auch der ÖVP bewusst sein sollte, meint Taschner. (Conrad Seidl, 19.11.2018)