Weit über 500 Menschen kamen zur ersten Sonntagsdemo in Hohenems.

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Bregenz – Der Vorarlberger Landtag hat am Mittwoch die österreichische Asylpolitik diskutiert. Mit Stirnrunzeln verfolgte der Hohenemser Bürgermeister und frühere FPÖ-Chef Dieter Egger die Diskussion über das humanitäre Bleiberecht und Behördenwillkür. Die Kritik am FPÖ-Innenminister Herbert Kickl war deutlich. Ebenso jene an Eggers Fraktion, die sich aus Sicht der anderen Parteien nicht von unmenschlicher Behördenpraxis distanziere.

Egger-Nachfolger Christof Bitschi nannte das eine "plumpe Unterstellung der ÖVP". Berichte wie jene über die Familie aus Sulzberg ließen niemanden kalt, beteuerte Bitschi. Das Innenministerium habe den Fehler ja korrigiert.

Die Vorgeschichte: Bei einem Abschiebeversuch wurde eine armenisch-iranische Familie in in der Gemeinde Sulzberg getrennt. Die schwangere Frau musste ins Krankenhaus gebracht werden, ihr dreijähriger Sohn und sein Vater wurden von der Polizei nach Wien transportiert. 24 Stunden später wurden sie dort auf die Straße gesetzt.

FPÖ-Basis muckt auf

Egger meldete sich nicht zu Wort. Ihm scheint es die Sprache verschlagen zu haben. Fand doch die bisher größte Vorarlberger Demonstration gegen die Asylpolitik der Bundesregierung vergangenen Sonntag in Hohenems statt. Mit einer kleinen Gruppe engagierter Menschen hatte der Hohenemser Stadtvertreter Klaus Begle (VP) gerechnet, als er zu einer Demonstration für mehr Menschlichkeit in der Asylpolitik aufrief. Gekommen waren weit über 500 Menschen. Weil die Demokratie in Österreich am Boden liege, legten sich die Demonstrierenden zum Protest auf den Boden.

Für eine menschliche Asylpolitik sprach bei dieser Kundgebung auch eine freiheitliche Stadtvertreterin. Sie hatte wenige Tage zuvor im Rathaus mit zwei weiteren Parteikollegen gegen die Parteilinie für einen Antrag der SPÖ gestimmt, schutzsuchende Lehrlinge nicht während ihrer Ausbildung abzuschieben. Die Sonntagsdemo soll zur Dauereinrichtung werden, bis sich die Asylpolitik ändert.

In der Landtagsdebatte taten sich die Freiheitlichen schwer, gegen die geballte Ablehnung der Bundespolitik durch ÖVP, Grüne, SPÖ und Neos ihre Position zu vermitteln. Sie versuchte mit einem spontan eingebrachten Antrag zur Beschleunigung der Asylverfahren Terrain zu gewinnen. Der Antrag wurde nicht wie gewünscht sofort behandelt, sondern auf den Geschäftsordnungsweg geschickt.

Vorarlberger Volkspartei kritisiert Bundesregierung

FP-Klubobmann Daniel Allgäuer glaubt zu wissen, warum die Vorarlberger Volkspartei kritisch ist: Er sieht sie am Gängelband der Grünen. Die Landesregierung widerspreche der Bundesregierung klar, wenn sie Mitsprache beim humanitären Bleiberecht fordere. Die Trennung von Einwanderung und Asyl sei im Koalitionsabkommen klar definiert, erinnerte Allgäuer Landeshauptmann Markus Wallner (VP): "Diesem Abkommen haben Sie zugestimmt."

Wallner wiederum rief in Erinnerung, dass Vorarlberg als einziges Bundesland 2014 die Zentralisierung des Bleiberechts abgelehnt hatte. Dem Argument der FPÖ, Mitsprache der Länder und Gemeinden würde einheitliche Regelungen verhindern, widersprach Wallner: "Natürlich kann auch die mittelbare Bundesverwaltung einen einheitlichen Vollzug garantieren."

Die Sprecherinnen und Sprecher der Volkspartei verwiesen auf das erfolgreiche Engagement der Gemeinden und Ehrenamtlicher bei der Integration Geflüchteter. Wallner mahnend Richtung FPÖ: "Wir bemühen uns um einen menschlichen Umgang. Ich bitte Sie, diesen Pfad nicht zu verlassen." Das Prinzip Menschlichkeit habe auch bei Abschiebungen zu gelten, sagte Wallner: "Da weiche ich keinen Millimeter von meiner Grundhaltung."

Der Forderung von SPÖ und Neos, Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) endlich zur Räson zu rufen, kam Wallner jedoch nicht nach. Seine Parteikollegin Martina Rüscher, Landtagsvizepräsidentin, ging aber auf Distanz zur Bundespartei: "Politik ohne Menschlichkeit macht Angst, das ist nicht die Politik der Vorarlberger Volkspartei." (Jutta Berger, 14.11.2018)