Es ist nicht das erste Mal, dass die Österreichische Anwaltskammer und die Uni Wien unseren Rechtsstaat und die Säulen, die ihn tragen, untersucht und in einem umfassenden Bericht kommentiert haben. "Fieberkurve" nennen sie die breit angelegte Erhebung, die sie alle zwei Jahre erstellen. Es ist auch nicht das erste Mal, dass gefährliche, aber auch positive Entwicklungen beobachtet wurden – fernab von Parteipolitik. Zählt man alle elf Bereiche zusammen, so ist das Fieber sogar etwas gesunken.

Neu ist aber die große Sorge, die sich Rechtsexperten nach einem knappen Jahr der Regierung Kurz/Strache um die Grund- und Freiheitsrechte und damit auch die Pressefreiheit machen – eine der wichtigsten Säulen von Rechtsstaat und Demokratie. Wichtige Instrumente der Bürger wie das Versammlungsrecht wurden schon vor Türkis-Blau beschnitten. Doch der Trend hat sich verstärkt.

Was besonders alarmierend ist: Über 46 Prozent der befragten Anwälte glauben, dass sich die Situation für Grund- und Freiheitsrechte in den nächsten zehn Jahren in Österreich weiter verschlechtern, nur sechs Prozent glauben, dass sie sich verbessern wird. Doch die aktuelle Regierung fokussiert weiter auf Law and Order, obwohl Sicherheit und Ordnung laut derselben Studie überhaupt nicht in Gefahr sind. Anders als die Rechte jedes einzelnen Bürgers. Hier muss die Regierung neue Prioritäten setzen, wenn ihr ein funktionierender Rechtsstaat etwas wert ist. (Colette M. Schmidt, 12.11.2018)