Der Nationalist liebt nicht sein Volk, sondern hasst nur ein anderes.

Diese (apokryphe) Definition schwebte über den Reden zum Ende des Ersten Weltkrieges. Besonders Frankreichs Präsident Emmanuel Macron arbeitete bewusst die Unterschiede zwischen Nationalismus und (echtem) Patriotismus heraus.

Wenn der Nationalismus heute wieder eine ziemliche Konjunktur hat, dann lässt das am Erinnerungsvermögen und auch an der Urteilskraft so vieler zweifeln, die nicht und nicht imstande zu sein scheinen, aus den nationalistischen Katastrophen des vergangenen Jahrhunderts zu lernen.

Beim Staatsakt in der Wiener Staatsoper anlässlich von 100 Jahren Republik bemühte sich die Regierungsspitze um eine angemessene Einordnung der Vergangenheit. Kanzler Sebastian Kurz begrüßte ausdrücklich jene jüdischen Holocaust-Überlebenden, die bei dem Staatsakt anwesend waren.

Vizekanzler und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache bezeichnete die Zeit der Naziherrschaft als "dunkelstes Kapitel unserer Geschichte". Die Verantwortung des "Niemals wieder!" gelte es zu leben. Das ist zwar formelhaft, aber immerhin klarer, als das vielleicht so manchem Kameraden in der FP lieb war. Ob Strache die innere Verbindung zwischen "dunkelstem Kapitel" und jener nationalistischen Hetze, die auch in der FPÖ zum Alltag gehört, herstellen kann, wird man allerdings sehen müssen. Jedenfalls holpert es noch etwas: Strache sprach von der "Verantwortung für Mitbürger und Juden". (Hans Rauscher, 12.11.2018)