Der deutsche Halbleiterhersteller Infineon profitiert weiter von einer robusten Nachfrage. Gute Geschäfte unter anderem mit Chips für die Automobilindustrie ließen den Gewinn im vergangenen Geschäftsjahr steigen. Für die weitere Entwicklung zeigte sich Konzernchef Reinhard Ploss zuversichtlich.

"Wir starten mit gut gefüllten Auftragsbüchern ins Geschäftsjahr 2019 und wollen weiter überdurchschnittlich wachsen", sagte er am Montag auf der Bilanzpressekonferenz in Neubiberg. Der Konzern fährt daher die Kapazitäten hoch – Analysten fürchten, dass das zu optimistisch ist angesichts unsicherer weltwirtschaftlicher Aussichten, die Aktie geht auf Talfahrt.

Der Chiphersteller erwartet für das neue Geschäftsjahr (per 30. September) ein Umsatzwachstum von 11 Prozent, plus oder minus zwei Prozentpunkte. Überdurchschnittlich wachsen soll dabei das Automobilgeschäft. Damit würde sich das Wachstum im Vergleich zum Vorjahr wie erwartet beschleunigen, als Infineon ein Umsatzplus von 8 Prozent auf knapp 7,6 Milliarden Euro erreichte. Der Konzern hatte im Juni ein Wachstum von mindestens 10 Prozent in Aussicht gestellt. Für das Auftaktquartal erwartet Infineon eine saisonal typische Schwäche.

Operative Marge steigt

Die operative Marge (Segmentergebnismarge) soll 2018/19 in der Mitte der Umsatzspanne 18 Prozent erreichen und damit lediglich leicht über dem Vorjahreswert von 17,8 Prozent liegen. Infineon hatte zuletzt umfangreiche Investitionen in den Ausbau der Kapazitäten angekündigt, etwa in Dresden oder in Villach in Kärnten, wo erst am Wochenende der Spatenstich für das neue Werk stattfand. 2018/19 will der Konzern insgesamt 1,6 bis 1,7 Milliarden Euro investieren. Die neue Fabrik in Villach soll einspringen, wenn in Dresden voraussichtlich 2021 die Kapazitätsgrenze erreicht wird. Bis 2021 sollen insgesamt rund 750 zusätzliche Arbeitsplätze entstehen.

"Insbesondere in unserem Kerngeschäft mit Leistungshalbleitern übersteigt der Bedarf unserer Kunden bei einigen Produkten weiterhin unsere Liefermöglichkeiten", sagte Ploss. Das strukturelle Wachstum in den Kernsegmenten halte an. "Deswegen sehen wir – anders als einige Wettbewerber – keinen Anlass zu größerer Sorge." Infineon sei jedoch nicht immun gegen konjunkturelle Entwicklungen, räumte er ein. Finanzvorstand Dominik Asam sagte in einer Analystenkonferenz, die Wahrscheinlichkeit einer wirtschaftlichen Abschwächung in den Ländern außerhalb der USA sei gestiegen.

"Beobachten Entwicklung sehr genau"

Aufgrund der positiven Signale der Kunden gehe Infineon jedoch davon aus, "dass unsere Märkte stabil bleiben", so Vorstandschef Ploss. "Wir beobachten die weitere Entwicklung sehr genau. Bei einer Abschwächung der Nachfrage werden wir reagieren." Dies könne etwa ein langsamerer Kapazitätsausbau sein sowie reduzierte Investitionen. Dennoch gelte nach wie vor: "Der Markt für Halbleiter wird langfristig wachsen." Die mittelfristigen Ziele – wie ein durchschnittliches Wachstum von 9 Prozent pro Jahr – bestätigte Infineon.

Das Geschäft mit Leistungshalbleitern will Infineon durch neue Technologien weiter entwickeln, etwa auf Basis der Verbindungshalbleiter Sliliziumkarbid und Galliumnitrid. Diese sind dem klassischen Silizium technisch überlegen, haben aber den Nachteil, dass sie teurer und schwieriger zu verarbeiten sind. In diesem Zusammenhang übernimmt Infineon für 124 Millionen Euro das Dresdner Startup Siltectra von dem Venture-Capital-Investor MIG Fonds.

Siltectra habe ein neues Verfahren zum Bearbeiten von Kristallen entwickelt, welches Infineon zum Splitten von Siliziumkarbid-Wafern einsetzen will. Dadurch könne die Anzahl der Chips aus einem Wafer verdoppelt werden. Dies soll Infineon beim Hochfahren seiner Siliziumkarbid-Produkte zu Gute kommen. Dabei hat der Konzern insbesondere den Ausbau der erneuerbaren Energien sowie die Automobilindustrie im Blick. In den Antriebssträngen von Elektrofahrzeugen kämen zunehmend Siliziumkarbid-Produkte zum Einsatz, hieß es. Infineon will die Technologie nun innerhalb der nächsten fünf Jahren zur Serienreife bringen.

Aktie reagiert positiv

Die Aktie reagierte zu Handelsbeginn positiv, rutschte aber im Verlauf deutlich ins Minus und verlor am Mittag mehr als 5 Prozent. Analysten werteten die Quartalszahlen und auch den Ausblick des Chip-Herstellers im Grundsatz positiv, fanden aber im Detail Schwachstellen. So sei die Profitabilität im wichtigen Automobilgeschäft erneut hinter den Erwartungen zurückgeblieben, schrieb Günther Hollfelder von der Baader Bank. Zudem mehrten sich Stimmen, die einen Konjunkturabschwung befürchteten. Für Infineon käme dieser aufgrund des Ausbaus der Kapazitäten zu einem ungünstigen Zeitpunkt, hieß es vom Analysehaus Mainfirst. Die Experten bezweifeln, dass die langfristigen Investitionen "kurzfristig korrigiert" werden könnten.

Infineon übertraf im vergangenen Geschäftsjahr 2017/18 seine im Juni erhöhte Prognose leicht. Auch im Schlussquartal setzte der Konzern seinen Wachstumspfad fort. Der Umsatz stieg um 12 Prozent auf 2 Milliarden Euro. Mit einem Plus von 5 Prozent im Vergleich zum Vorquartal erreichte der Konzern das obere Ende seiner Prognose. Das operative Ergebnis (Segmentergebnis) nahm um mehr als ein Fünftel auf 400 Millionen Euro zu, die Marge stieg von 18 auf 19,5 Prozent und fiel damit besser aus, als von Infineon erwartet. Mit Ausnahme des Geschäfts mit digitalen Sicherheitslösungen, wie etwa Chips für Bezahlkarten und Dokumente, konnten alle Sparten zulegen. Auch das Automobilgeschäft wuchs weiter – hier profitierte das Unternehmen von Produkten im Bereich elektrische Antriebe.

Fertigung wird hochgefahren

"Wir fahren die Fertigung bei Produkten für elektrische Antriebe derzeit sehr schnell hoch, um zusätzliche Kapazitäten zu schaffen", erläuterte Ploss. Dadurch entstünden zunächst hohe Kosten, die sich auch im Segmentergebnis zeigten. So sank die Marge im Automobilgeschäft im Schlussquartal im Vergleich zum Vorjahr leicht.

Wermutstropfen im Quartal war der gesunkene Konzernüberschuss. Hier belasteten erhöhte Rückstellungen im Zusammenhang mit der ehemaligen Tochter Qimonda das Ergebnis. 159 Millionen stellte der Konzern im Quartal zurück. Infineon hatte das DRAM-Speicherchipgeschäft ausgegliedert und 2006 an die Börse gebracht, Anfang 2009 musste das Geschäft wegen eines drastischen Preisverfalls Insolvenz anmelden. Hintergrund für die Erhöhung der Rückstellungen ist eine seit Jahren laufende Klage des Insolvenzverwalters von Qimonda.

Die Aktionäre sollen eine höhere Dividende erhalten. Infineon schlägt eine Zahlung von 0,27 Euro je Aktie vor, das sind 2 Cent mehr als im Vorjahr. (APA, 12.11.2018)