Der Wechsel an der Spitze von Matthias Strolz zu Beate Meinl-Reisinger hat sich bisher nicht negativ in den Umfragewerten niedergeschlagen.

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Viel ist schon lamentiert worden über die verbesserungswürdige Performance der Opposition. Tatsächlich waren vor allem SPÖ und Liste Pilz seit Antritt der Bundesregierung Kurz reichlich mit internen Angelegenheiten beschäftigt. Die Sozialdemokraten haben auf Raten eine neue Parteivorsitzende bekommen, und bei der Liste Pilz wurden zahlreiche interne Konflikte öffentlich ausgetragen.

Bleiben die Neos, denen viele politische Beobachter von allen Oppositionsparteien noch am ehesten ein gutes Zeugnis ausstellen (siehe etwa hier, hier und hier). Auch der Wechsel an der Spitze von Matthias Strolz zu Beate Meinl-Reisinger hat sich bisher nicht negativ in den Umfragewerten niedergeschlagen.

Das entbehrt insofern nicht einer gewissen Ironie, als die Neos im Parlament deutlich öfter mit den Regierungsfraktionen stimmen als die anderen beiden Oppositionsparteien (das war übrigens schon in der vergangenen Gesetzgebungsperiode unter Rot-Schwarz so).

Bis dato wurde in dieser Legislaturperiode über 110 Gesetzesanträge und Staatsverträge im Nationalrat abgestimmt (wobei viele Oppositionsanträge nie abgestimmt, sondern einfach endlos vertagt werden). Die Grafik unten zeigt, wie oft die Opposition bei diesen 110 Anträgen mit den Regierungsparteien (die immer zusammen votieren und somit über Annahme oder Ablehnung entscheiden) abgestimmt haben. Bei Liste Pilz und SPÖ liegt diese Übereinstimmungsrate deutlich unter 50 Prozent (40 beziehungsweise 44 Prozent), bei den Neos allerdings bei rund zwei Dritteln (67 Prozent).

Besonders markant sind die Unterschiede zwischen den Oppositionsparteien bei sozioökonomischen Fragestellungen (identifiziert über alle Anträge, die in sozial-, wirtschafts- oder finanzpolitischen Ausschüssen behandelt wurden). Während die Neos hier sogar in 70 Prozent der Fälle mit Türkis und Blau stimmen, liegt für SPÖ und Liste Pilz die Übereinstimmungsrate mit den Regierungsfraktionen bei nicht einmal 30 Prozent.

Im Gegensatz dazu variieren in anderen Politikfeldern (dazu gehören vor allem Justiz- und Verfassungsfragen, Inneres, Äußeres, Umwelt und Verkehr) die Übereinstimmungsraten der Oppositionsparteien mit der Regierung weit weniger – sie betragen hier zwischen 48 (Liste Pilz) und 66 Prozent (Neos).

Diese Daten zeigen vor allem, dass die parlamentarische und die mediale Arena zwei Paar Schuhe sind: Geringe Übereinstimmung mit den Regierungsfraktionen im Nationalrat ist weder eine notwendige noch eine hinreichende Bedingung, um als effektive Oppositionspartei wahrgenommen zu werden. (Laurenz Ennser-Jedenastik, 13.11.2018)