Überblick zu Bildungsabbrechern in Österreich

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Knapp 300.000 Personen haben ihren Ausbildungsweg hierzulande abgebrochen – oft stecken bei der Wahl der Lehre oder Schule falsche Bildungswünsche dahinter.

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Wien – Knapp 300.000 Personen unter 35 Jahren haben ihre erste weiterführende Ausbildung (in der Regel Lehre, AHS-Oberstufe oder berufsbildende mittlere/höhere Schule) abgebrochen. In der Regel führt sie dann auch kein Weg mehr zurück: Zwei Jahre nach ihrem Abbruch fanden sich nur rund 12.000 (vier Prozent) in einer anderen Lehrausbildung bzw. Schule wieder, zeigt eine Studie der Arbeiterkammer (AK).

In der am Freitag präsentierten Untersuchung wurde der weitere Karriereweg der Abbrecher analysiert. Etwas mehr als die Hälfte (53 Prozent) war zwei Jahre nach ihrem Bildungsausstieg erwerbstätig – meist in einer unqualifizierten Tätigkeit. "Das sind die ersten, die in Krisenzeiten von einem Stellenabbau betroffen sind", so der stellvertretende Leiter der Bildungspolitik-Abteilung der AK Wien, Wolfgang Schüchner, bei einer Pressekonferenz am Freitag.

Knappes Drittel nicht erwerbsfähig

Knapp ein Drittel (31 Prozent) gilt als nicht erwerbstätig – etwa weil sie Kinder bekommen oder mangels vorhergehendem Job keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld haben. Zehn Prozent sind arbeitslos. Nur knapp 10.000 bzw. etwas über drei Prozent kehrten nach ihrem Abbruch in eine Lehre zurück, noch weniger (2.300 bzw. ein Prozent) in eine Schule. Der Rest (etwas über zwei Prozent) wanderte aus Österreich ab. Besonders betroffen vom frühen Bildungsabbruch sind vor allem drei Gruppen: Einerseits junge Mütter, die oft mangels Berufstätigkeit keinen Anspruch auf einen Kindergartenplatz haben, sowie Lehrabbrecher und Jugendliche, die erst nach Beginn der Schulpflicht nach Österreich zugewandert sind ("Quereinsteiger").

Im Regelfall sei der Bildungsabbruch "ein längerer Prozess und kein punktuelles Ereignis", so Schüchner. Dieser beginne oft schon in der Pflichtschule und sei durch gesundheitliche oder familiäre Probleme bzw. fehlender Unterstützung durch Schule oder Eltern bedingt. Auch der Umstand, dass die Entscheidung über den weiteren Bildungsweg in Österreich bereits mit 14 statt wie in vielen anderen Ländern erst mit 16 Jahren ansteht, trage dazu bei.

Falsche Bildungswünsche

Gründe für die Entscheidung für den falschen Bildungsweg gebe es viele: "Die Bildungswünsche der Eltern stimmen oft nicht mit jenen der Kinder überein", betonte Schüchner. Dazu kämen noch traditionelle Rollenbilder wie die Orientierung der Männer in Richtung technische und jene der Frauen in Sozialberufe. Auch Peer Groups spielten eine Rolle: "Die Jugendlichen wollen oft zusammenbleiben statt ihren Interessen zu folgen."

AK-Präsidentin Renate Anderl ortet vor allem bei individuellen Beratungsangeboten "riesige Lücken". Mit einem "Bildungs-Navi" will die Kammer nun gegensteuern: Ab Februar soll es persönliche Bildungsberatungen mit Schwerpunkt auf 13- bis 14-Jährige sowie 17-bis 18-Jährige geben, dazu kommen Elterninfoabende an Neuen Mittelschulen (NMS) und Berufsorientierungsworkshops sowie die derzeit laufende Bildungs- und Berufsinfomesse L14 der AK Wien.

Aber auch Regierung und Wirtschaft will Anderl nicht aus der Pflicht entlassen. So soll es nicht nur an NMS, sondern auch an AHS-Unterstufen ein eigenes Fach Berufsorientierung geben. Diese müsse außerdem auf die neunte Schulstufe und das Ende der Oberstufe ausgeweitet werden. Unternehmen wiederum müssten mehr Ausbildungsplätze zur Verfügung stellen – sonst nütze auch die beste Berufsorientierung nichts. (APA, 9.11.2018)