Veronika Bohrn Mena beschäftigt sich seit Jahren mit atypischen Arbeitsverhältnissen und den Veränderungen der Arbeitswelt.

Dina ist 34 Jahre alt, und das längste Arbeitsverhältnis, das sie jemals hatte, dauerte neun Monate. Sie musste schon mit 15 Jahren zu arbeiten beginnen, weil ihr Vater damals seine Arbeit verloren hatte. Wegen des geringen Gehalts ihrer Mutter musste auch sie Geld nach Hause bringen. Dina hatte keine Wahl.

Die lukrativste Arbeit, die sie mit 15 Jahren ohne Ausbildung finden konnte, war Tellerwäscherin in einem gehobenen Restaurant in der Salzburger Altstadt. Sechs Euro pro Stunde gab es bar auf die Hand. Tagsüber wollte sie nach dem Ende der Sommerferien weiterhin das Gymnasium besuchen. Abends um 18 Uhr begann sie mit der Arbeit, fertig mit dem Küchenputz war sie in der Regel zwischen 23 Uhr und Mitternacht. Zwei Monate nach Schulbeginn hörte sie auf hinzugehen, weil sie morgens zu erschöpft zum Aufstehen war.

Kein Entkommen

Wieder drei Monate später war sie eine arbeitslose Schulabbrecherin. Im Restaurant hatte man nach dem Ende der Sommersaison keine Verwendung mehr für sie. Keine Seltenheit in der Gastronomie. Nur rund 20 Prozent der Beschäftigten behalten ihren Arbeitsplatz länger als zwei Jahre.

6. Teil unserer Serie "Die neuen Prekären"
Foto: der standard

Seither steckt Dina in solchen Kurzzeitjobs fest. Als Aushilfsrezeptionistin für die Nachtschicht in einemHotel, später als Zimmermädchen in einer schäbigen Herberge in Bahnhofsnähe und dann als Wachfrau für einen privaten Sicherheitsdienst in einem Parkhaus. Keine dieser Stellen hatte sie länger als ein halbes Jahr. Bis zu ihrem 19. Lebensjahr arbeitete sie ausschließlich in der Nacht und zumeist undokumentiert. Aber eine Lehre oder ein Aushilfsjob am Tage hätte nicht genügend abgeworfen. Um von der Nachtarbeit wegzukommen, versuchte sie sich als Leiharbeiterin. Sie hoffte, vielleicht doch irgendwo fix andocken zu können – vergebens. Schließlich bewarb sie sich bei der Reinigungsfirma, für die auch ihre Mutter putzte. Dort arbeitete sie erstmals neun Monate für den gleichen Arbeitgeber. Doch dann sagte der Chef, dass er ihre Gehälter für den letzten Monat nicht mehr zahlen könne. Zwei Monate später standen beide ohne Arbeit da. Dina war gerade 23 Jahre alt geworden.

Mehr schlecht als Recht

Dina begann in einer Autowaschanlage, abends und nachts jobbte sie zusätzlich immer wieder als Kellnerin oder Barkeeperin. Danach begann sie in der Küche eines Fastfoodlokals. Zwischendurch jobbte sie an drei Tagen pro Woche als Telefonistin in einem Callcenter.

All das waren Jobs, mit denen sie mehr schlecht als recht über die Runden kam. Die Notstandshilfe der Eltern war zudem so bescheiden, dass Dina bis heute bei ihnen wohnt, um sie zu unterstützen. Zu dritt wohnen sie auf 60 Quadratmetern in einer Zweizimmerwohnung in einer Straße, die auch abschätzig "Kebabmeile" genannt wird. Sie redet nicht gern darüber, dass sie bei ihren Eltern wohnt. Aber dass sie arm ist, ist ihr nicht peinlich. "Ich arbeite hart und muss trotzdem von der Hand in den Mund leben. Nicht ich sollte mich dafür schämen müssen, sondern diejenigen, die mir nicht mehr zahlen wollen."