Wien – Über das Thema reden die Türkisen derzeit offenbar nicht gern. Knapp 13 Millionen Euro wurden investiert. Punkt. Konkreter will die Volkspartei nicht werden. Ob die Mittel – überwiegend Steuergeld – vorwiegend in Plakate, TV-Spots oder Veranstaltungen und türkise Kugelschreiber geflossen sind, wird trotz mehrfacher Nachfrage des STANDARD in der ÖVP-Zentrale nicht beantwortet.

Die gesetzliche Obergrenze für Wahlkampfkosten beträgt sieben Millionen Euro – der Passus im Parteiengesetz soll verhindern, dass sich finanzstarke Parteien mit Megakampagnen Stimmen quasi erkaufen. Sebastian Kurz' Wahlkampf hat annähernd doppelt so viel gekostet wie erlaubt.

Die ÖVP von Sebastian Kurz hat die Hürde von sieben Millionen Euro gröber überschritten.
Foto: imago

Transparenz ist Silber ...

Kurz vor der Nationalratswahl versicherte Parteimanagerin Elisabeth Köstinger – inzwischen Umweltministerin – noch, dass die ÖVP bei den Ausgaben gut "im Plan" liege. Noch im Sommer 2017 lud sie die anderen Parteien zu einem "Transparenzgipfel" ein, um die Umgehung der Wahlkampfregeln zu verhindern. Nun ist klar: Die Volkspartei selbst hat das Gesetz gebrochen – das Wort Transparenz fällt nicht mehr.

Die Opposition wirft der Kanzlerpartei vor, wissentlich gelogen zu haben. SPÖ, Neos und Liste Pilz wollen auch strengere Strafen verankern. Aktuell droht der ÖVP ein Bußgeld von mehreren Hunderttausend Euro. Für eine Großpartei verkraftbar, argumentieren die Befürworter einer gesetzlichen Verschärfung. Auch die FPÖ wird nachzahlen müssen. Sie gab immerhin um fast vier Millionen Euro mehr aus als erlaubt. Die SPÖ hat die Höchstsumme um rund 400.000 Euro überschritten.

Unterschiedliche Länderregelungen

Für die Bundesländer gilt die Wahlkampfkostenobergrenze von sieben Millionen Euro, anders als von FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache zuletzt kommuniziert, nicht. Strache beklagte, dass unabhängig von der Größe eines Bundeslandes dasselbe ausgegeben werden darf. Das ist allerdings nicht mehr der Fall: Der Verfassungsgerichtshof hat Anfang 2017 entschieden, dass der Bund Ländern und Gemeinden keine Vorgaben machen kann. Nun gibt es nur noch in jenen Ländern Obergrenzen, die eigene Landesgesetze beschlossen haben: Kärnten, Salzburg, Wien und Niederösterreich.

Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser durfte mit seiner SPÖ im letzten Wahlkampf nur 500.000 Euro ausgeben.
apa

Eine strenge Regelung hat Kärnten. Dort dürfen Parteien nur 500.000 Euro für ihre Wahlkämpfe ausgeben – wohl eine Lehre aus der Ära Haider. Zusätzlich dürfen 36 Kandidaten 2500 Euro in eigene Kampagnen buttern. Bei Verstößen droht der Verlust der Parteienförderung im Folgejahr, wie Politikwissenschafter Hubert Sickinger erklärt.

Sanktionen für manche

In Salzburg dürfen die Wahlkampfkosten maximal ein Drittel der Parteienförderung ausmachen – aktuell sind somit 1,8 Millionen Euro erlaubt. Auch hier droht bei Verstößen der Verlust der Parteienförderung. Eine Obergrenze von sechs Millionen Euro gibt es in Wien und Niederösterreich.

In Wien gibt es zwar eine Obergrenze von sechs Millionen, aber keine Sanktionen.
apa

In der Bundeshauptstadt hätte ursprünglich der auf Bundesebene eingerichtete unabhängige Parteien-Transparenz-Senat die Strafhöhe festlegen sollen. Da sich dieser aber für die Landesebene für unzuständig erklärt hat, gibt es in Wien aktuell keine Sanktionen bei Überschreitungen.

In Niederösterreich wird noch gerechnet, ob man bei der letzten Wahl über den erlaubten sechs Millionen Euro lag.
apa

In Niederösterreich existieren Sanktionen. Bei Überschreitungen drohen, wie im Bund, Geldstrafen von zehn bis 20 Prozent des Überschreitungsbetrags. In die Nähe der Sechs-Millionen-Grenze kommt in Niederösterreich bei den Wahlkampfkosten allerdings nur die ÖVP.

Ob das Limit für den Landtagswahlkampf im Jänner dieses Jahres eingehalten wurde, konnte man bei der Landeshauptfraupartei auf STANDARD-Anfrage noch nicht sagen – die Meldung ist erst Anfang 2019 fällig. Beim vorangegangenen Landtagswahlkampf 2013 hat die Volkspartei unter Ex-Landeschef Erwin Pröll jedenfalls noch kräftig überzogen: Fast neun statt der damals erlaubten maximal sieben Millionen Euro hat man investiert. Dafür setzte es rund 100.000 Euro Strafe.

Akt bei Staatsanwaltschaft

Über einen Umweg findet die auf Bundesebene dreifach gesprengte Wahlkampfkostenobergrenze nun auch zur Staatsanwaltschaft: Die linke Kleinpartei Wandel hat Sachverhaltsdarstellungen eingebracht – nach dem Strafgesetzbuch. Das verbietet die "Verbreitung falscher Nachrichten bei einer Wahl". Geht es nach Wandel, ist genau das geschehen, als die roten, blauen und türkisen Wahlkampfmanager Wochen vor der Wahl verkündeten, man halte sich an den Kostendeckel.

Die Linzer Strafrechtsprofessorin Petra Velten räumt der Sachverhaltsdarstellung allerdings nur geringe Chancen auf Erfolg ein. "Nicht jede falsche Nachricht ist von diesem Tatbestand erfasst – es geht auch darum, dass jemandem die Möglichkeit zur Gegenäußerung verwehrt blieb", erklärt die Juristin. (Sebastian Fellner, Katharina Mittelstaedt, Günther Oswald, 3.11.2018)