Elisabeth Köstinger leitet den Umweltrat.

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Die Verkehrs- und Umweltminister der EU wollen die saubere Mobilität forcieren und haben sich dazu bei ihrem Treffen auf eine "Grazer Deklaration" verständigt. Während die anwesenden Kommissare und Ressortchefs Grazer Feinstaub schnupperten, wurde die eher vage Erklärung für emissionsfreie Fahrzeuge, Multimodalität oder Mobilitätsmanagement verabschiedet.

Sie enthält eine Aufforderung an die EU-Kommission, eine umfassende Strategie für saubere, sichere und leistbare Mobilität sowie Stärkung von Innovation und Wettbewerbsfähigkeit auf dem Sektor auszuarbeiten. Verkehrskommissarin Violeta Bulc freute sich über die Unterstützung, hat die Kommission doch drei fast gleichlautende Pläne vorgelegt.

Paris lässt grüßen

Viel mehr Ausbeute gab es nicht beim informellen Treffen am Montag und Dienstag in Graz. Klimakommissar Miguel Arias Cañete hatte erst vor zwei Monaten für ambitioniertere Ziele der Union zur Reduktion des Treibhausgasausstoßes plädiert. Im Vorfeld der Klimakonferenz im polnischen Kattowitz im Dezember solle die EU ihre im Pariser Abkommen zugesagten CO2-Einsparungsvorgaben bis 2030 von 40 auf 45 Prozent ausweiten.

Doch damit steht er allein auf weiter Flur. Nicht zuletzt, weil mit dem Austritt der USA und der Abkehr Australiens von verbindlichen Klimazielen der Pariser Vertrag ordentliche Risse erhalten hat. Österreichs Ratsvorsitz war bei der ersten gemeinsamen Sitzung von Verkehrs- und Umweltministern bestrebt, den Vorwurf der ökologischen Untätigkeit zu entkräften. Der Regierung wird ja von vielen Seiten vorgehalten, mit Aktionen wie Tempo 140 km/h, leichteren Genehmigungen für vorrangige Infrastrukturprojekte sowie der Einschränkung von NGOs bei Umweltverträglichkeitsprüfungen nachhaltige Entwicklung zu torpedieren.

Klimasünder Verkehr

Gerade der jetzige Fokus auf Emissionsreduktion im Verkehr, den die EU-Präsidentschaft legt, wirkt für Kritiker unglaubwürdig. Österreich verursacht in dem Sektor den dritthöchsten Ausstoß pro Kopf, womit die postulierte Vorbildfunktion stark relativiert wird. Grünen-Chef Werner Kogler spricht wegen der dürftigen CO2-Bilanz und zu lascher Ziele bereits von einer klimapolitischen Blamage des österreichischen Vorsitzes. Was waren nun die bisherigen zentralen EU-Umweltthemen, die Österreich zu managen hatte, und wie stark vertrat das Land dabei ökologische Standpunkte?

Ein großer Brocken war die Einigung der Mitgliedstaaten auf eine 35-prozentige Reduktion des CO2-Ausstoßes von Pkws bis 2030. Damit war der Rat auch ambitionierter als der Kommissionsvorschlag, der ein Minus von 30 Prozent vorgesehen hatte. Allerdings: Eine Gruppe von Staaten wie Niederlande, Dänemark, Schweden oder Slowenien unterfertigte wegen des ihrer Ansicht nach schwachen Ergebnisses eigens eine Enttäuschungserklärung.

Kritiker werfen Umweltministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) vor, dass eine Reduktion von 40 Prozent möglich gewesen sei, hätte auch Österreich dafür votiert. Mit einer Zustimmung von 64 Prozent der Mitgliedstaaten wurde die notwendige Mehrheit von 65 Prozent nicht zuletzt wegen des Stimmverhaltens Wiens nur hauchdünn verfehlt.

Norbert Hofer beim Verkehrsministerrat in Graz.
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Kampf für Vignette

An einer anderen Front gibt es eine breite österreichische Allianz: Die von der EU-Kommission ausgerufene Jagd auf die Vignette wird nicht nur von den Regierungsparteien, sondern auch von der SPÖ bekämpft. Brüssel will hingegen eine fahrleistungsabhängige Maut, weil dann Vielfahrer auch mehr zahlen. Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) ist gegen die Pläne.

Der verkehrspolitische Sprecher der Grünen im Europaparlament, Michael Cramer, wirft dem Österreicher vor, das Projekt zu verschleppen. Hätte Wien das Thema als Ratsvorsitz behandelt, wäre ein Abschluss in dieser Legislaturperiode möglich gewesen (im Mai finden EU-Parlamentswahlen statt). Hofer widerspricht energisch: "Wir verschleppen gar nichts."

Er weiß bei dem Thema das EU-Parlament zumindest in einem Punkt auf seiner Seite: Das Abgeordnetenhaus hat in seiner Abstimmung Pkws dezidiert aus der Pflicht zur fahrleistungsabhängigen Bemautung ausgenommen.

Bei einem anderen Dossier kann Österreich noch aufzeigen. Die Chancen stehen nicht schlecht, dass eine Einigung auf ein weitgehendes Verbot von Einwegplastik unter Wiener Vorsitz heuer zustande kommt. Gerungen wird eher um die betroffenen Wegwerfprodukte denn um die Grundsätze. Beispielsweise, ob neben Strohhalmen und Wattestäbchen aus Kunststoff auch Halterungen für Luftballone der Garaus gemacht werden soll. (Andreas Schnauder, 30.10.2018)