Umweltministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP), Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) im Rahmen einer Ministerratssitzung in Wien.

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Frechheit siegt. Nach diesem Motto hat die ÖVP im Wahlkampf agiert. "Wir haben klar gesagt, dass wir planen, die Wahlkampfkostenobergrenze einzuhalten", sagte die damalige Generalsekretärin Elisabeth Köstinger am 28. September 2017. Das war gut zwei Wochen vor der Nationalratswahl. Zu diesem Zeitpunkt wusste sie natürlich längst über den massiven Verstoß der Türkisen gegen die gesetzlichen Vorgaben Bescheid. Die jetzige Ministerin hat also ganz offensichtlich gelogen. Fast schon unfreiwillig komisch hören sich heute Aussagen von Kanzler und ÖVP-Chef Sebastian Kurz aus dem Wahlkampf an, der seine Skepsis hinsichtlich strengerer Gesetze damit begründete, "dass die Regeln, die es gibt, von vielen nicht eingehalten werden". Da hatte Kurz einen guten Riecher.

Die nächste Chuzpe ist, wie der aktuelle ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer die Sechs-Millionen-Überschreitung schönzureden versucht. Der Wahlkampf sei "außergewöhnlich" gewesen, daher habe man "leider" deutlich mehr ausgegeben, sagt er. So klingt ehrliches Bedauern. Sein blauer Kollege Harald Vilimsky, dessen Partei ebenfalls deutlich mehr als erlaubt in Wahlwerbung investierte, steht in Sachen Dreistigkeit um nichts nach. Beim nächsten Mal werde man sich "stärker am Riemen reißen", verspricht er und ergänzt noch: Die FPÖ werde keine Erhöhung der Wahlkampfkostenobergrenze fordern.

Das ist sehr großzügig von den Regierungsparteien. Von jenen Parteien, die sonst bei jeder Gelegenheit nach einem effizienten Staat rufen. Die von Einsparungen "im System" schwadronieren. Die finden, man müsse Mindestsicherungsbeziehern ein paar Hundert Euro wegnehmen, um sie stärker zur Integration und zur Annahme von Jobs zu motivieren. Für diese Parteien ist ein sparsamer Umgang mit Geldern im eigenen Bereich ein Fremdwort. Am Ende kommt ja indirekt ohnehin der Steuerzahler für jene Geldstrafen auf, die nun wegen der Kostenüberschreitungen verhängt werden.

Darüber wollen ÖVP und FPÖ aber nicht so gern diskutieren. Sie zweifeln ihrerseits lieber die von der SPÖ an den Rechnungshof gemeldeten Zahlen – auch die Roten lagen leicht über der Sieben-Millionen-Grenze – an. Die tatsächlichen Ausgaben müssten viel höher sein, so die türkis-blauen Vermutungen.

Die sind nicht ganz von der Hand zu weisen. Das Problem ist nur: Die Zweifel sind eine logische Folge der zu laxen Rechtslage. Der Rechnungshof kann keine Einsicht in die Bücher der Parteien nehmen. Bei nicht deklarierten Sachleistungen gibt es keine Kontrollmöglichkeiten. Wir haben also ein zahnloses Gesetz, das mit Vorsatz gebrochen wird.

Das sogenannte "Transparenzpaket" (sic!), das 2012 von SPÖ, ÖVP sowie in einzelnen Punkten von Grünen und FPÖ beschlossen wurde, muss daher dringend überarbeitet werden. Holt man Experten der Zivilgesellschaft und des Rechnungshofes an Bord, ist es möglich, binnen kürzester Zeit eine vernünftige Reform auf die Beine zu stellen.

Im Internetzeitalter sollte es das Normalste der Welt sein, nicht nur alle Spenden zeitnah online zu stellen, sondern auch die Ausgaben der Parteien. Wissen die Wähler bereits vor der Stimmabgabe, wer auf die Gesetze pfeift, können sie am Wahltag noch reagieren. So wie derzeit mit rechtlichen Vorgaben umgegangen wird, macht es jedenfalls keinen Sinn. (Günther Oswald, 30.10.2018)