Die Situation in Lavamünd am Montag.

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Mehrere Straßen in Kärnten mussten wegen umgestürzter Bäume gesperrt werden, Hausdächer wurden abgedeckt.

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Hochwassereinsatz in Oberdrauburg

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Brenner/Bozen – In der Kärntner Gemeinde Lavamünd haben sich die Menschen auf das drohende Hochwasser vorbereitet. Am Montagnachmittag wurde der Ortsteil Drauspitz evakuiert, knapp 70 Menschen mussten ihre Häuser und Wohnungen verlassen. Die Flutwelle wurde für den späteren Abend erwartet. Auch aus Möllbrücke (Bezirk Spittal/Drau) und Kötschach Mauthen (Bezirk Hermagor) wurden Überflutungen gemeldet.

Gasthäuser, Supermarkt, Trafik, Post und die anderen Geschäfte in der Hauptstraße Lavamünds sind geschlossen, die Hauseingänge und Kellerfenster mit Schaltafeln und Sandsäcken verbarrikadiert. Feuerwehrleute eilen hin und her, um noch Hand anzulegen, in der Kurzparkzone lagern Reservesandsäcke. Eine Kfz-Werkstatt, die 2012 beim großen Hochwasser meterhoch überflutet gewesen war, ist rundherum verplankt.

Schutzwall errichtet

In der Oberkärntner Gemeinde Möllbrücke (Bezirk Spittal/Drau) rechnen die Einsatzkräfte in der Nacht auf Dienstag mit einem hundertjährlichen Hochwasser. Es wurde ein Schutzwall errichtet, ob dieser halten wird, ist aber zweifelhaft.

ORF-Reporter Bernd Radler aus Kärnten.
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75 Soldaten halfen den Feuerwehrleuten in Möllbrücke beim Verstärken des Schutzwalls durch Sandsäcke, allerdings rauschten gegen 19.30 Uhr bereits fast 270 Kubikmeter Wasser pro Sekunde durch die Ortschaft. Bezirkshauptmann Klaus Brandner meinte am Abend gegenüber dem ORF Kärnten, er rechne nicht damit, dass der Wall tatsächlich halten würde. Die Bevölkerung wurde aufgefordert, Keller und Erdgeschoße soweit möglich zu meiden.

Osttiroler sollen daheim bleiben

Aufgrund der heftigen Regenfälle und der starken Windböen rief die Lienzér Bezirkshauptfrau Olga Reisnerdie Bevölkerung in Osttirol dazu auf, zu Hause zu bleiben. "Bitte bleiben Sie ab sofort zuhause und lassen sie ihr Auto stehen", so Reisner in einer Aussendung. Mehrere Straßen mussten am Montagabend bereits gesperrt werden.

Zudem ersuchte die Bezirkshauptfrau, keine Uferwege und Brücken mehr zu benutzen. Wenn Stromleitungen am Boden liegen, sollten mindestens 20 Meter Abstand gehalten und umgehend die Polizei informiert werden. Am Montagabend waren 22 Feuerwehren bei insgesamt 27 Ereignissen im Einsatz.

Sturmwarnung für Tirol

Die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) gab eine Sturmwarnung für Tirol aus. Es sei mit Böen von bis zu 130 km/h zu rechnen. Eine rote Warnstufe wurde für inneralpine Talorte Nordtirols und den gesamten Osttiroler Raum ausgegeben. Eine orange Windwarnung galt für klassische Föhnorte sowie für die Föhnschneisen Nordtirols, besonders im Wipptal und im Oberinntal.

Der Landesforstdienst warnte deshalb vor dem Betreten von Wäldern und riet auch vom Befahren von Wäldern ab. Die stärksten Böen wurden zwischen Montagabend, 18 Uhr, und Dienstagnacht, 2 Uhr, erwartet. Alle Maßnahmen zur Reduktion der Sturmschäden und ihrer Auswirkungen seien vorbereitet, hieß es.

Flusspegel in Kärnten massiv gestiegen

Durch den anhaltend starken Regen sind auch in Kärnten die Pegel der Flüsse Drau, Möll und Gail massiv angestiegen. Da der Höhepunkt erst in der Nacht auf Dienstag erwartet wird, haben sich das Land Kärnten und die Einsatzkräfte gewappnet. Die Stauseen wurden teilweise auf bis zu nur noch vier Meter Wassertiefe gesenkt und die Krisenstäbe einberufen.

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Wegen des drohenden Hochwassers wurde die Drautal-Bundesstraße (B100) im Bezirk Spittal/Drau ab 14 Uhr von Möllbrücke bis zur Osttiroler Grenze für den Durchzugsverkehr gesperrt, gab die Polizei am Vormittag bekannt. Ziel- und Quellverkehr bleibt vorerst möglich. Ab 17 Uhr wurde der Zugverkehr zwischen Spittal und Lienz eingestellt.

Die Wettersituation hat auch in Kärnten Auswirkungen auf den Schulbetrieb. Die Bezirkshauptmannschaft Spittal/Drau entschied am Vormittag, dass sämtliche Pflichtschulen im Bezirk am Dienstag und Mittwoch geschlossen bleiben. Auch die Schulkinder in Ferlach (Bezirk Klagenfurt-Land) haben am Dienstag schulfrei. Ferlach war in der Nacht auf Sonntag von einem schweren Föhnsturm getroffen worden, weitere Stürme sind vorhergesagt.

Semmering gesperrt

Auf der ÖBB-Strecke am Semmering gab es Montagabend vorübergehend kein Weiterkommen. Grund dafür war eine Sturmfront, die in der Nacht auf Dienstag von Süden her über Österreich zog. Kurz nach 20.30 Uhr kollidierte zwischen Eichberg und Breitenstein in Niederösterreich ein Railjet, der von Villach nach Wien unterwegs war, mit einem umgeknickten Baum.

Personen kamen dabei nicht zu Schaden. Über die Dauer der Streckenunterbrechung konnte man vorerst keine Angaben machen, die Züge würden die Sperre vorerst abwarten, hieß es bei den Österreichischen Bundesbahnen.

Höchste Alarmstufe in Südtirol ausgerufen

Aufgrund der heranziehenden Regenwetterfront ist in Südtirol nun die höchste Alarmstufe ausgerufen worden. Es handle sich demnach um "eine Krise, die nicht nur große Gebiete erfasst, sondern sich stetig intensivieren kann", teilte das Land in einer Aussendung mit. Die Landesleitstelle, in der alle Fäden aller Einsätze zusammenlaufen, wurde aktiviert.

Am Nachmittag und Abend sei weiterhin mit teils kräftigem Regen zu rechnen. Auch einzelne Gewitter können entstehen, warnte Landesmeteorologe Dieter Peterlin. Bei den Rotwandwiesen in Sexten seien bis zu 200 Liter pro Quadratmeter gemessen worden, in Ladurns und Pens waren es 190 Liter und in Bozen 103 Liter pro Quadratmeter. Mit der nächsten Regenfront seien wieder über 100 Liter pro Quadratmeter wahrscheinlich, hieß es. Die Windgeschwindigkeiten würden auf 100 bis 150 km/h steigen. In den Nachtstunden werde sich die Situation voraussichtlich zuspitzen.

Auch Slowenien rüstet sich

Sechs Jahre nach einem verheerenden Hochwasser bereitet sich auch Slowenien auf Überschwemmungen entlang der Drau vor. "Angesichts der starken Niederschläge in Kärnten und Warnungen von österreichischen Behörden wird in der Nacht auf Dienstag mit einem starken Anstieg der Durchflussmengen gerechnet", sagte Janez Polajnar von der slowenischen Umweltbehörde am Montag.

Nach den jüngsten Berichten aus Österreich werde in der Nacht auf Dienstag an der slowenischen Grenze mit Durchflussmengen von 1.700 Kubikmeter pro Sekunde gerechnet, sagte Polajnar. Noch besorgniserregender sind die Prognosen für Dienstagnachmittag: Dann wird in Dravograd ein Durchfluss von 1.900 bis 2.100 Kubikmetern erwartet. Nach slowenischen Messungen wäre das die zweithöchste Durchflussmenge in den vergangenen 90 Jahren. (APA, 29.10.2018)