Wollte nur "Erinnerungsgeschehen darstellen", sagt der Welser Bürgermeister Andreas Rabl.

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Wels – Der Welser Bürgermeister, Andreas Rabl (FPÖ) sorgt wegen eines Beitrages, den er für ein Buch verfasste, für Aufregung. Konkret geht es um das neue Buch des Welser Autors und Chronisten Rudolf G. Dietl 1938 – Nie wieder, für das Rabl ein Vorwort beisteuerte.

In dem kurzen Text über die "schrecklichen Jahre zwischen 1938 und 1945" räumt Rabl auch dem eigenen Großvater großzügig Platz ein: "Wie gefährlich es damals sein konnte, seine Meinung kundzutun, bekam auch meine Familie zu spüren", schreibt Rabl, "mein Großvater, der spätere Bundesrat Dipl.-Ing. Max Rabl, wurde wegen kritischer Äußerungen zum NS-Regime gleich mehrmals verhaftet." Rabl schreibt weiter, dass es anderen "teilweise noch viel schlimmer" ergangen sei, etwa jenen, die "in ein Konzentrationslager eingeliefert" wurden.

Burschenschafter und Illegaler

Wer das Vorwort ohne Kenntnis der Biografie des 1964 verstorbenen Rabls liest, könnte den Eindruck gewinnen, er sei Widerstandskämpfer gewesen. Das empört die Welser Initiative gegen Faschismus, deren Vorsitzender, Werner Retzl, von einer "mehr als lückenhaften Darstellung der Biografie" spricht. Tatsächlich trat der Burschenschafter Max Rabl schon 1921 der NSDAP bei und bekam nach dem sogenannten "Anschluss" Österreichs als Belohnung eine führende Position im von den Nazis gleichgeschalteten Verlag der Diözese St. Pölten.

In dieser Zeit dürfte es tatsächlich zu Problemen für Rabl gekommen sein. Er soll insgesamt dreimal in Gestapohaft genommen worden sein. Warum, lässt sich aber nicht mehr so genau nachprüfen. Das Kleine Volksblatt berichtete jedenfalls am 7. Juli 1939 unter dem Titel "Strenge Maßnahmen gegen einen unsozialen Betriebsführer" von finanziellen Ungereimtheiten, betont Retzl.

Später machte Rabl jedenfalls bei der Wehrmacht Karriere. Zu Kriegsende war er Offizier. Nach dem Krieg war er Mitbegründer des VdU, der Vorgängerpartei der FPÖ und wurde VdU-Bundesrat.

Für Retzl ist der Umgang Rabls mit der eigenen Familiengeschichte unhaltbar: Einen, der sich schon als "Alter Kämpfer" den illegalen Nazis angedient hatte, "als NS-Opfer oder NS-Gegner darzustellen, ist ein äußerst unseriöser Umgang mit den historischen Fakten, ja eine Verhöhnung der wirklichen NS-Gegner".

"Erinnerungsgeschehen"

Rabl sagt auf STANDARD-Nachfrage, ihm hätten Großmutter und Vater von der Haft erzählt, er selbst konnte mit dem Großvater nie reden, da er 1972 geboren wurde. "Es stimmt, mein Großvater war schon 1921 bei der NSDAP, das eine widerspricht dem anderen nicht", sagt der Welser Bürgermeister. Zum Vorwort stünde er weiterhin: "So ein Vorwort ist ja nicht dazu da, meine Familiengeschichte aufzuarbeiten, sondern ein Erinnerungsgeschehen darzustellen. Ich wollte klarstellen: Auch in meiner Familie war Betroffenheit vorhanden."

Scharfe Kritik

Das Mauthausen-Komitee reagiert empört auf die "Geschichtsverfälschung" und fordert den Rückttritt Rabls. Auch wenn sein Enkel nichts dafür könne, wäre Max Rabl ein glühender Nazi gewesen und hätte "1938 vom Untergang Österreichs profitiert, weil ihm die neuen Machthaber die Leitung des gleichgeschalteten Diözesanverlags St. Pölten übertragen haben", sagt MKÖ-Vorsitzender Willi Mernyi. Dass der FPÖ-Bürgermeister so tue, als wäre Max Rabl wegen kurzer Gestapo-Haft ein Gegner des Terrorsystems gewesen, schlage den Mauthausen-Überlebenden ins Gesicht, so das Komitee.

Laurien Scheinecker, stellvertretende Stadtparteivorsitzende der SPÖ Wels, zeigt sich schockiert darüber, einen "bereits ab 1921 bekennenden Nationalsozialisten in einem Atemzug mit dem Gedenken an die Gräuel des NS-Regimes" zu nennen und betont, dass Rabls Großvater bis zum Ende des NS-Regimes als Offizier gedient haben soll.

(Colette M. Schmidt, 27.10.2018)