Vorhergehende Erlebnisse beim Zahnarzt wirken sich auf die Stimmung beim ersten Zahnverlust aus.

Foto: Heribert Corn

Der Verlust eines Milchzahns kann für Kinder mit Angst verbunden oder schmerzhaft sein. Für andere ist es ein freudiges Ereignis, gehören die Kinder damit doch endlich zu den "Großen", vielleicht spielt auch die Zahnfee eine Rolle. Welche Gefühle mit diesem Meilenstein einhergehen und warum, haben Forschende der Universität Zürich mit einer Umfrage untersucht.

In knapp 1.300 eingereichten Fragebögen gaben Eltern Auskunft über den ersten Milchzahnverlust ihres Kindes. Demnach löst das Ereignis bei vier von fünf Kindern positive Gefühle wie Freude oder Stolz aus. Davon berichten die Wissenschafter um Raphael Patcas und Moritz Daum im Fachblatt "International Journal of Paediatric Dentistry".

Einen großen Einfluss darauf, ob der Verlust des Milchzahns mit Freude oder Angst einhergeht, haben frühere Erfahrungen bei Zahnarztbesuchen, fanden die Forscher heraus. Musste ein Kind schon einmal wegen Karies zum Zahnarzt, waren dabei meist Schuldgefühle und Scham im Spiel. Bei diesen Kindern löste der Verlust des ersten Milchzahns eher negative Gefühle aus.

Gut vorbereitet

Musste ein Kind davor allerdings zum Beispiel wegen eines Unfalls zum Zahnarzt, erlebte es den späteren Milchzahnverlust eher positiv, berichten die Forscher: Das immer stärkere Wackeln des Zahns bis zum Ausfallen sei ein langsamer und vorhersehbarer Prozess, auf den sich die Kinder vorbereiten könnten.

Das sei eine für Eltern und Zahnmediziner wichtige Erkenntnis: "Gerade bei Problemen mit Karies lohnt es sich, mit Kindern behutsam zu kommunizieren", so Moritz Daum. "Damit lassen sich Emotionen im Zusammenhang mit Zähnen und Zahnärzten in möglichst positive Bahnen lenken."

Ein weiteres Ergebnis der Forscher: Auch Bildungsgrad der Eltern und deren Kultur haben einen Einfluss, ob positive Gefühle wie Freude oder Stolz bei den Kindern überwiegen. So zeigte die Studie, dass die Wahrscheinlichkeit für positive Emotionen stieg, wenn die Eltern aus nicht-westlichen Ländern stammten.

Kulturelle Unterschiede

Die Forscher vermuten, dass dies auf kulturelle Unterschiede zurückgehen könnte: "In lateinamerikanischen und afrikanischen Kulturen zum Beispiel sind Rituale im Zusammenhang mit körperlichen Veränderungen viel stärker im Familienkreis etabliert als in unserer westlichen, säkularen Lebensweise", erklärte Studienerstautor Raphael Patcas.

Am bekanntesten dürfte in der westlichen Kultur zwar die Zahnfee sein, die für ausgefallene Milchzähne Geld oder Geschenke bringt. Es gebe jedoch eine Vielzahl von alten volkstümlichen Ritualen in Zusammenhang mit dem Verlust von Milchzähnen, wie den Zahn feierlich ins Feuer zu werfen oder ihn als Opfergabe an Vögel, Mäuse und mythischen Wesen zu verschenken, so Patcas. Da derlei Details jedoch in der Befragung nicht spezifisch abgefragt wurden, sei die Erklärung über Familienrituale nur eine Vermutung, so die Forscher. (APA, 24.10.2018)