Antananarivo – Amnesty International hat eklatante Missstände im Strafvollzug Madagaskars kritisiert. 52 Menschen seien im vergangenen Jahr in Untersuchungshaft gestorben, heißt es in einem am Dienstag veröffentlichten Bericht der Menschenrechtsorganisation. 11.000 Menschen, mehr als die Hälfte der Gefangenen, warteten demnach noch auf ihren Prozess.

Viele seien wegen geringfügiger Delikte wie Hühner- oder Handydiebstahl eingesperrt. Die schlechten Bedingungen, unter denen die Menschen in Untersuchungshaft festgehalten würden, entsprächen "eindeutig grausamer, unmenschlicher und entwürdigender Behandlung", heißt es in dem Bericht mit dem Titel "Bestraft wegen Armut". Amnesty hatte dafür neun Haftanstalten besucht.

Jahrelange haft ohne Prozess

Der zuständige Amnesty-Regionaldirektor Deprose Muchena sagte, viele Häftlinge seien lange Zeit eingesperrt, ohne dass ihr Prozess beginne. So sei ein Mann wegen Viehdiebstahls dreieinhalb Jahre inhaftiert. In einigen Fällen müssten Kinder die Zellen mit Verbrechern teilen. Die Ärmsten, die sich keine Anwälte leisten könnten, litten besonders unter den Haftbedingungen.

Interimspräsident Rivo Rakotovao nannten den Amnesty-Bericht "traurig und inakzeptabel". Die Richter hätten oft aber keine andere Wahl, als die Menschen ins Gefängnis zu schicken, um sie vor Rache und Vergeltung zu schützen. Die Gefängnisse seien überlastet und überaltert, räumte er ein. Seit der Unabhängigkeit Madagaskars 1960 habe niemand mehr in den Strafvollzug investiert. (APA, 23.10.2018)