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Wien/Klagenfurt – "Den Luca haben sie nach hinten verräumt", ist ein Funktionär der Kärntner SPÖ erzürnt. Er hat vollstes Verständnis für Landeshauptmann Peter Kaiser, der Vater von Luca ist. Die Kandidatenliste der SPÖ für die EU-Wahlen im Mai kommenden Jahres – mit Luca auf einem chancenlosen Platz – sorgt in der SPÖ für schwere Verstimmung.

Vom Tisch sein sol der SPÖ-interne Streit um die Reihung der Kandidaten für die EU-Wahl. Das sei geklärt, sagt die neue Parteichefin Pamela Rendi Wagner.
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Landeshauptmann Kaiser ist stinksauer und droht Parteichefin Pamela Rendi-Wagner damit, sich aus seinen Funktionen in der Bundes-SPÖ zurückzuziehen. Kaiser ist stellvertretender Parteichef. Am Sonntag waren sich Kaiser und Parteimanager Thomas Drozda immerhin einig darüber, dass bei der Listenerstellung "Optimierungspotential" gebe.

Aussichtsreicher Platz

Was ist in den letzten Tagen passiert, dass die Beziehung zwischen der Kärntner Landespartei und der Bundespartei derart entgleisen konnte? Vor einer Woche hatte der Kärntner Parteivorstand Luca Kaiser zum Spitzenkandidaten der Landesliste für die EU-Wahl gewählt. Die Kärntner gingen davon aus, dass ihnen Platz sechs auf der Bundesliste zustehen würde. Das wäre bei einem gleichbleibenden Ergebnis wie bei der EU-Wahl 2014, als die SPÖ 24 Prozent erreichte, der letzte noch aussichtsreiche Listenplatz.

Unmittelbar vor der Vorstandssitzung in Wien, bei der die EU-Kandidatenliste beschlossen werden sollte, wurde ein Tweet von Luca Kaiser aus dem Jänner ausgegraben, in dem er Österreich als "Nazion" bezeichnete und Innenminister Herbert Kickl für "scheiße" befand. Anlass war damals Kickls Aussage, Asylwerber "konzentriert" an einem Ort unterbringen zu wollen.

Im Parteivorstand wurde Luca Kaiser dann nach hinten durchgereicht und landete auf dem aussichtslosen neunten Platz. Platz sechs ging an Julia Herr, Chefin der Sozialistischen Jugend. Die Kärntner Genossen und ihr Landeschef Peter Kaiser waren erbost. Im STANDARD-Interview versuchte Bundesgeschäftsführer Drozda die Liste zu er klären. Platz sechs sei nach dem Reißverschlusssystem für eine Frau reserviert, Luca Kaiser habe nach allen objektiven Parametern wie Mitgliederstärke und Wahlergebnisse jenen Platz erhalten, der den Kärntnern zusteht. Bei aller Wertschätzung für Kaiser sei nicht mehr drinnen gewesen.

Nicht schlüssig

Das stimmt so nicht ganz. Wenn man sich die SPÖ-Liste anschaut, lässt sich der neunte Platz für die Kärntner nicht schlüssig erklären. Dass auf Platz eins und zwei mit Andreas Schieder und Evelyn Regner zwei Wiener sind, lässt sich argumentieren, zumal Regner auch Gewerkschafterin ist. Bei Schieder ist übrigens ein "ZN" vermerkt, was für "zentrale Notwendigkeit" steht. Dass allerdings zwei burgenländische Kandidaten – Julia Herr auf Platz sechs und Christian Dax auf Platz sieben – und eine Kandidatin aus Salzburg – Stefanie Mösl auf Platz acht – vor dem Kärntner gereiht sind, lässt sich logisch nicht erklären, auch wenn bei Herr ein "ZN" vermerkt ist. Zumal davor bereits die Länder Niederösterreich, Steiermark und Oberösterreich gereiht wurden.

Da wird die These des Funktionärs aus Kärnten schlagend: "Den Luca haben sie nach hinten verräumt" – und zwar aus politischen Gründen.

Das zentrale Motiv

Schuld war letztlich der Tweet von Kaiser junior, der Rückschlüsse auf seine politische Zuverlässigkeit und Berechenbarkeit zuließ. Das hat im Vorstand zwar niemand so ausgesprochen, dürfte aber das zentrale Motiv für die Rückreihung gewesen sein.

Gerade diese Unaufrichtigkeit dürfte Kaiser senior so auf die Palme gebracht haben. Sein Sohn hatte sich für den emotionalen Überschwang, der zur "Nazion" geführt hatte, entschuldigt, im Vorstand hatte ihn niemand darauf angesprochen. Als einer der ersten und vehementesten Unterstützer von Rendi-Wagner hatte sich Kaiser mehr Rückendeckung durch die Parteichefin erwartet. Die wiederum ist überrascht, dass der sonst so ruhige und vernünftige Kaiser auf einmal so auszuckt.

Während Luca die Liste rasch zur Kenntnis genommen und vollen Einsatz für die Wahl versprochen hat, ist der Papa gekränkt. Noch nie sei er so gedemütigt worden, beschwerte er sich. Dass er bei der Landtagswahl im März mit 48 Prozent (plus elf Prozentpunkte) ein fulminantes Wahlergebnis eingefahren hatte, das auch der Bundespartei aus ihrem Tief half, hatte ihn auf mehr Solidarität im Parteivorstand hoffen lassen. Die entzieht er seinerseits jetzt der Partei. (Michael Völker, 21.10.2018)