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Ein britischer Moderator macht sich über James-Bond-Darsteller Daniel Craig lustig, weil der sein Baby in einer Babytrage trägt – und die Reaktionen überschlagen sich. Die Debatte zeigt vor allem eines: Der Weg zur Gleichberechtigung ist noch weit.

Moderator Piers Morgan ("Good Morning Britain") hat mit seinem Tweet über Craig eine Debatte über die Definition von Männlichkeit ausgelöst. Weil Craig seinen Nachwuchs in einer Babytrage vor dem Bauch trug, schrieb Morgan: "Oh, 007 ... nicht auch noch du?", und fügte das Schlagwort #emasculatedBond (entmannter Bond) dazu.

Stolze Fotos von Männern

Die Reaktionen darauf überschlagen sich. Craig wird als moderne Ikone gefeiert, Männer posten stolz Fotos von sich mit ihren Babys vor dem Bauch, Frauen noch stolzer Bilder von ihren übernächtigten Männern, die ihr Kind im Tragetuch oder einer Babytrage tragen. Der Wrestler Adam Copeland geht noch einen Schritt weiter und postet ein Foto von sich im Eisprinzessinnen-Outfit – zur Freude von Moderator Morgan. Der fragt ironisch nach, ob noch weitere Wrestler Fotos in Elsa-Kleidern schicken wollen, um seine These zu widerlegen, dass Babytragen Männer "entmännlichen".

"Nicht postgender"

"Ich würde das Ganze nicht zu ernst nehmen, aber ich finde es interessant, dass die Leute so etwas überhaupt bemerkenswert finden", sagt Paula Villa, Professorin für Soziologie und Gender Studies an der Ludwig-Maximilians-Universität in München. "Wir sind, was Elternschaft angeht, überhaupt nicht 'postgender' oder dergleichen. Es gibt nach wie vor sehr wirkmächtige Vorstellungen davon, wie Mütter und Väter zu sein haben."

"Wir haben in Familien zwar mehr Vielfalt als vor 30 Jahren, aber sehr viel weniger Vielfalt als viele meinen", meint Villa. Die Modernisierung sei "eher rhetorisch", sagt sie. "Faktisch und empirisch sind wir meilenweit davon entfernt, dass das Geschlecht des Elternteils keine Rolle spielt. Und ich spreche hier nicht von Gebären und Stillen, sondern vom ganzen Rest."

Für viele noch immer ein ungewohnter Anblick.
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Wenige Männer in Karenz

Männer gehen in Österreich nach wie vor selten in Karenz. Das zeigen Zahlen der Statistik Austria über die vom Bund im Vorjahr ausgezahlten Familienleistungen. Demnach waren im Dezember 2017 nur 3,8 Prozent der Bezieherinnen und Bezieher von Kinderbetreuungsgeld Männer.

Eine Studie der Georgia Southern University in den USA kommt zu dem Befund: "Mütter schlafen zu wenig, Väter nicht." Nach wie vor seien es die Mütter, die sich um den Alltag kümmerten, fasst Soziologin Villa zusammen. "Väter sind eher für das Wochenendprogramm zuständig."

Satirisches Video

Das Bohemian Browser Ballett bringt das in einem satirischen Video über einen Vater mit Baby in der Babytrage auf den Punkt: "Frauen mit Kindern hat man schon tausendmal gesehen. Männer mit Kindern sind lebende Legenden", heißt es darin. "Seit Sascha angekündigt hat, beim nächsten Kind vielleicht auch in Elternzeit zu gehen, haben sie eine Straße nach ihm benannt." Während seine Frau im Hintergrund das Kind versorgt, putzt und die Wäsche macht, lässt der Mann sich als Held der modernen Familie feiern.

Bohemian Browser Ballett

Auch Nähe sei immer noch ein Mutterthema. Vielleicht, meint Villa, sei das auch der Grund dafür, dass ein Foto von James Bond mit Baby eine solche Reaktion auslöst. "Das, was von einigen für Männlichkeit gehalten wird, definiert sich als Gegensatz zum Weiblichen – also durch Unweiblichkeit. Das kollidiert mit dem Bild von diesem Mann mit Baby im Tragetuch."

Studie: Tradition macht glücklich

Der Soziologe Martin Schröder von der Uni Marburg hat in einer vor wenigen Monaten veröffentlichten Studie tatsächlich herausgefunden, dass das traditionelle Familienbild Väter wie Mütter am glücklichsten macht – "auch wenn man dachte, das sei längst überwunden".

"Am allerglücklichsten sind die Väter, wenn sie zwischen 40 und 60 Stunden pro Woche arbeiten und sich als Ernährer der Familie fühlen können", meint er. Und auch die Zufriedenheit der Mütter steige mit dem Arbeitspensum ihrer Partner. Die wahrscheinlichste Erklärung dafür: "Es geht darum, einem Bild zu entsprechen." Wenn ein Vater allein mit 15 Müttern auf dem Spielplatz sei, fühle er sich dort unter Umständen fehl am Platz. Und wenn seine Freunde abends in der Bar von ihren beruflichen Erfolgen erzählen, komme er sich vielleicht komisch vor, "wenn er nur berichten kann, dass sein Kind Verdauungsprobleme hat". (APA, dpa, 22.10.2018)