Vorarlberger wollen sich ihre Gebietskrankenkasse nicht nehmen lassen.

Foto: Jutta Berger

Dornbirn – Über 2.000 Menschen sollen es laut den Veranstaltern ÖGB und Arbeiterkammer gewesen sein, die am Donnerstagvormittag in Vorarlberg mit einer Trauerfeier gegen die Sozialversicherungsreform der türkis-blauen Regierung protestierten.

Vor dem Gebäude der Vorarlberger Gebietskrankenkasse, wo zeitgleich eine Betriebsversammlung stattfand, wetterten ÖGB-Präsident Norbert Loacker (SPÖ) und Arbeiterkammer-Direktor Rainer Keckeis (VP) gegen Bundes- und Landesregierung. Die Forderung der Arbeitnehmervertreter, von Bernhard Heinzle, Geschäftsführer der Gewerkschaft der Privatangestellten, auf den Punkt gebracht: "Das Geld der Vorarlberger muss im Land bleiben."

"Privatspitäler bekommen mehr"

Es geht um 102 Millionen Euro jährlich, die Vorarlberger Versicherte an die zentrale Gesundheitskasse verlieren, kritisierte Keckeis. Seine Sorge: "Verschlechtert sich die Wirtschaftslage, werden wir Probleme mit dem Beitragsaufkommen haben, es kommt zum Verteilungskampf." Dessen Ausgang sei vorhersehbar: "Dann landet dieses Geld in den großen Bundesländern, sicher nicht in Vorarlberg."

Diese Reform bringe nicht mehr Gerechtigkeit, im Gegenteil, sagte Keckeis: "In Krankenfürsorgeanstalten, wo die größten Privilegien sind, passiert gar nichts. Nur bei Arbeitern und Angestellten wird gespart. Privatspitäler bekommen mehr, aus unseren Mitteln. Durch diese Reform kommt es zu einer Verschiebung aus dem öffentlichen Sektor in den privaten."

Landeshauptmann ohne Leidenschaft

Keckeis verweist auf die Stellungnahme des Hauptverbands zum Gesetzesentwurf. "Der Hauptverband, an dessen Spitze lauter ÖVPler sitzen, hat das Gesetz zerrissen und wird zum Verfassungsgerichtshof gehen."

Schon einmal habe ein Anschlag auf die VGKK gedroht, erinnerte Gewerkschafter Loacker. 2002 habe der damalige Landeshauptmann Herbert Sausgruber (VP) klar Position bezogen, das Land habe über den Verfassungsgerichtshof den Raubbau an der VGKK verhindert. Diesen Einsatz wünsche er sich auch von Landeshauptmann Markus Wallner (VP), rief Loacker in die zustimmende Menge.

Die Sorge der Gewerkschaft: Durch die Zentralisierung würden Personal und damit Serviceleistungen abgebaut. Mit höheren Beitragszahlungen müsse gerechnet werden, und schließlich auch mit Leistungsabbau. Die kostenlose Mitversicherung von Kindern sei ebenso in Gefahr wie spezifische Leistungen der Gebietskrankenkassen, in Vorarlberg konkret die erfolgreiche Darmkrebsvorsorge.

SPÖ kritisiert schwarzen Kammerpräsidenten

AK-Präsident Hubert Hämmerle (VP) hatte sich bereits am Montag mit einem offenen Brief an die Vorarlberger Nationalratsabgeordneten und Bundesräte gewandt und sie aufgefordert, gegen das Gesetz zu stimmen. Hämmerle: "Mit der Österreichischen Gesundheitskasse wird ein zentraler Moloch für sieben Millionen Versicherte geschaffen, der die regionale Versorgung und die Versichertennähe gefährdet."

Kritik an Hämmerle kommt von der SPÖ. Der Nationalratsabgeordnete Reinhold Einwallner sieht das Engagement des schwarzen Präsidenten als Doppelspiel und dem nahen AK-Wahlkampf geschuldet. Hämmerle solle besser seine Parteikollegen von der Volkspartei überzeugen, sagt Einwallner. (Jutta Berger, 18.10.2018)