Bei mehr als drei vollen Fehltagen ohne Entschuldigung müssen Schüler seit diesem Schuljahr verpflichtend angezeigt werden.

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Wien – Seit diesem Schuljahr ist durch eine Gesetzesnovelle der Umgang mit Schulschwänzern in Österreich verschärft worden: So müssen Schüler schon nach mehr als drei vollen Fehltagen ohne Entschuldigung von der Schulleitung angezeigt werden.

Das laufende Schuljahr ist in Wien gerade einmal eineinhalb Monate alt, in diesem Zeitraum gab es aber bis einschließlich Dienstag bereits 124 Anzeigen. Diese Zahl wurde auf STANDARD-Anfrage von der Magistratsdirektion Wien genannt.

Die Novelle, die Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) einbrachte, sieht vor, dass Schüler nur bei bis zu drei vollen Fehltagen ohne Entschuldigung keine Anzeige fürchten müssen. Ab dem vierten Tag untentschuldigten Fernbleibens – egal ob an aufeinanderfolgenden Tagen oder im Lauf der neunjährigen Schulpflicht – muss das Fehlverhalten des Schülers von der Schulleitung verpflichtend zur Anzeige gebracht werden. Diese soll freilich nur dann erfolgen, wenn keine anderen vertretbaren Erklärungen der Erziehungsberechtigten vorliegen.

Mindeststrafe 110 Euro, Maximalrahmen 440 Euro

Weil es sich um eine Verwaltungsübertretung handelt, wird das Verfahren bei der Bezirksverwaltungsbehörde – in Wien ist diese das Magistrat – geführt, die Polizei ist bei den Verfahren samt Geldstrafen nicht eingebunden. Die neu eingeführte Mindeststrafe beträgt 110 Euro, der bisher bereits gültige Strafrahmen geht bis 440 Euro. Aber auch Ersatzfreiheitsstrafen bis zu zwei Wochen können verhängt werden. Wird das Fernbleiben im Nachhinein plausibel erklärt, können Verfahren auch eingestellt werden.

Bisher war seit dem Schuljahr 2013/14 ein aufwendiges Vorverfahren nötig, erst in letzter Konsequenz waren Anzeigen für Schulschwänzer vorgesehen. So wurde ein Verfahren erst "im Fall des unentschuldigten Fernbleibens im Ausmaß von fünf Tagen, 30 Unterrichtsstunden in einem Semester oder drei aufeinanderfolgenden Tagen" in Gang gesetzt.

Der fünfteilige Stufenplan sah dann vor einer Anzeige zunächst verpflichtende Gespräche zwischen Erziehungsberechtigten, Schüler und Klassenlehrer vor. Zeigten diese keine Wirkung, wurden Schulleitung, Schülerberater und Schulpsychologe eingebunden. Erst nach weiteren Gesprächsrunden inklusive etwaiger Einbindung der Jugendwohlfahrt wurde das Verfahren vor der Verwaltungsbehörde gestartet.

Wenige Höchsstrafen verhängt

2016/17 gab es in Wien nach zuletzt verfügbaren Zahlen 546 Anzeigen wegen Schulschwänzens, davon waren 265 rechtskräftig. In 260 Fällen wurden Geldstrafen verhängt, davon einmal die Höchststrafe von 440 Euro, zwölfmal waren es 420 Euro.

Vor Inkrafttreten des fünfteiligen Stufenplans gab es – mit strengeren Bestimmungen – durchschnittlich rund 1.000 Anzeigen wegen Schulschwänzens pro Schuljahr. 2011/12 waren es etwa 1.308 Anzeigen, davon 601 rechtskräftig. Geldstrafen wurden in 572 Fällen verhängt.

Mit dem Schuljahr 2013/14 und Inkrafttreten des Fünfstufenplans sanken die Zahlen auf 865 Anzeigen, davon 339 rechtskräftige. 330-mal wurden Geldstrafen ausgesprochen, dreimal wurden 420-Euro-Geldstrafen verhängt. Im Wiener Magistrat geht man davon aus, dass die Anzeigen wegen Schulschwänzen im Vergleich zu den letzten paar Jahren wegen der gesetzlichen Verschärfungen deutlich ansteigen werden, wie es zum STANDARD heißt.

Aktuelle österreichweite Zahlen zu Schulschwänzern liegen dem Bildungsministerium noch nicht vor, sagte eine Sprecherin. An der Zusammenführung der Daten werde gearbeitet.

258 Anzeigen wegen Gewaltdelikten an Schulen

Am Dienstag veröffentlichte der Stadtschulrat auch erstmals genaue Zahlen zu Anzeigen wegen Gewaltdelikten an Wiener Schulen. Demnach hat es im vergangenen Schuljahr 258 entsprechende Anzeigen gegeben – mehr als 90 Prozent davon betrafen strafbare Handlungen gegen Leib und Leben wie zum Beispiel Körperverletzung. Alleine in den Neuen Mittelschulen (NMS) wurden 138 Anzeigen erstattet.

Am Mittwoch veröffentlichte auch das Bildungsministerium Zahlen: Demnach gab es 312 Anzeigen wegen Gewalt an Wiener Schulen. Die Diskrepanz zu den Zahlen des Stadtschulrats erklärt sich laut diesem dadurch, dass auch Delikte wie Raub und Diebstahl mitgerechnet wurden.

Österreichweit gab es laut Bildungsministerium 857 Anzeigen wegen Gewalttaten an Schulen, der Großteil (511) betraf Handlungen gegen Leib und Leben. Der oberste Lehrervertreter Paul Kimberger forderte im Ö1- Mittagsjournal "mehr Ressourcen an diesen Standorten". Gewalttätige Schüler sollten kurzzeitig aus Klassen genommen und von speziellen Lehrern betreut werden.

Laut dem Wiener Bildungsdirektor Heinrich Himmer wurden rund 25 Schulen identifiziert, an denen Gewaltdelikte eine größere Rolle spielen. Schulen, die hohe soziale Herausforderungen stemmen müssen, sollen ab dem kommenden Schuljahr laut Himmer auch mehr Geld erhalten. Gibt es nicht mehr Mittel vom Bund, müsste innerhalb von Wiener Schulen umgeschichtet werden. Gegen diese Maßnahme spricht sich die ÖPU (Österreichische Professoren Union) "als Vertreterin der Wiener Gymnasien" aus. Die ÖVP und die Neos lehnen diesen Plan ebenfalls ab. (David Krutzler, 17.10.2018)