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Um sich weiterzubilden, muss man heute nicht mehr in den Hörsaal: Lernvideos gibt es zu jedem Thema, unabhängig von Ort und Zeit können Kurse virtuell besucht werden. Doch nur wenige nehmen E-Learning-Angebote in Anspruch.

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Sich kontinuierlich weiterzubilden gehört mittlerweile zum Muss. Dieser Aussage stimmen immerhin 93 Prozent der Österreich zu. Allerdings: Nur ein Drittel der beim Wifi-Weiterbildungsbarometer Befragten gab an, bereits stark auf Weiterbildung zu setzen. Auch bei der Frage nach den wichtigsten Zielen im Leben scheint für die Umfrageteilnehmer der Drang nach Wissen nach wie vor einen vergleichsweise geringeren Stellenwert einzunehmen. 31 Prozent möchten viel wissen und neugierig bleiben, ein Viertel will viel lernen, und nur noch jeder Fünfte ist wirklich aktiv bestrebt, lebenslang zu lernen und sich beruflich weiterzubilden.

Dabei war lebenslanges Lernen noch nie so leicht möglich wie heute. Lernvideos gibt es zu jedem Thema. Unabhängig von Ort und Zeit können Kurse virtuell besucht werden. Eine Internetverbindung und ein Smartphone reichen dafür völlig aus. Und laut dem "Monitor Digitale Bildung" der Bertelsmann-Stiftung nutzt knapp jeder zweite Erwachsene in Deutschland digitale Medien zur beruflichen oder privaten Weiterbildung. Doch, so die Diagnose der Bertelsmann-Stiftung, der Umbruch der Lerngewohnheiten steht bei den meisten etablierten Weiterbildungsanbietern noch bevor. Im "Monitor Digitale Bildung" dominieren im beruflichen Kontext Webinare. Privates Lernen hingegen findet eher auf Youtube und in sozialen Medien wie Facebook oder bei Wikipedia statt. Die umfangreicheren "Massive Open Online Courses" (Moocs) vor sechs Jahren noch als Wundermittel für die Demokratisierung der Bildung gepriesen, nutzt nur ein Prozent der Online-Lerner.

Virtueller Kursraum

Seit 15 Jahren gibt es an der Universität Wien E-Learning-Angebote. Am meisten verbreitet ist das sogenannte Moodle, wo in virtuellen Kursräumen Lernmaterialien downgeloadet, Hausübungen abgegeben oder auch Prüfungen absolviert werden können. Bei gut drei Viertel der Lehrveranstaltungen an der Uni Wien wird auch diese Lernplattform genutzt, sagt Christa Schnabl, Vizerektorin für Forschung & Lehre an der Uni Wien. Noch relativ neu an der Uni Wien ist der "Flipped Classroom", wo sich Studierende vor der Lehrveranstaltung mit dem Inhalt auseinandersetzen und die Lehrveranstaltung dann für den Fachdiskurs genutzt wird.

Die digitalen Möglichkeiten werden die Lehre grundlegend verändern, ist Schnabl überzeugt. An der Uni Wien werden die Möglichkeiten von E-Learning als Ergänzung zur Präsenzlehre gesehen. "Jeder Lehrende muss sich überlegen, was am besten zum Inhalt seiner Lehrveranstaltung passt", sagt sie. Dass es dafür auch Unterstützung brauche, ist für Schnabl selbstverständlich. Tatsache sei aber, dass die Lehre künftig individueller gestaltet werden könne. Als vor rund sechs Jahren Moocs zum großen Hype wurden, sei man bewusst nicht aufgesprungen. "Wir wollen ja nicht die Präsenzlehre ersetzen, sondern mit E-Learning-Tools ergänzen." Universitäten als Bildungsinstitutionen müssen aber auch immer die Frage stellen, wie sie diese Entwicklung mitgestalten können. Nicht einfach blind Trends nachzulaufen gehört für Schnabl hier dazu.

Neue Beziehungen

Radikaler ist Nikolaus Forgó vom Institut für Innovation und Digitalisierung im Recht der Uni Wien. Er ist überzeugt davon, dass es die klassische Vorlesung, bei der der Vortragende 90 Minuten lang einen Monolog hält, nicht mehr lange geben wird. "Die gibt es nur deswegen, weil die Lehrenden es so gelernt haben und nicht mehr umlernen wollen", sagt er. Die Rolle zwischen Lehrenden und Studierenden werde sich ändern. Auch deshalb, weil die Lehre stärker individualisiert werden könne. Billiger werde die Hochschullehre, so Forgó, dadurch sicher nicht, denn das persönliche Gespräch und der direkte Kontakt zu den Lehrenden seien bei stark individualisierten Angeboten erst recht notwendig. Hochschulbildung werde auch nicht einfacher. Studierende und Lehrende müssen gleichermaßen damit umgehen können. Digitale Lehre sei für Forgó aber mehr, als nur Lernplattformen für den Literaturaustausch zur Verfügung zu stellen, eine Vorlesung zu streamen oder Moocs anzubieten.

Erfahrungen mit Moocs haben schon viele Hochschulen gesammelt. Auch wenn der Hype um diese Lernmöglichkeiten mittlerweile abgeebbt sei, werden sie dennoch die Lehre an den Hochschulen verändern, sagt Jutta Pauschenwein, Leiterin des ZML Innovative Lernszenarien der FH Joanneum. Denn die Generationen Y und Z, die ab 1980 Geborenen, haben bereits Erfahrung mit E-Learning-Angeboten, die Art des Unterrichts an der Universität gefällt ihnen immer weniger. Von den Hochschulen würde sie sich mehr Mut wünschen, um Moocs aufzubauen, um dann zu schauen, was alles möglich werde. Das Know-how dafür sei, so Pauschenwein, an den Hochschulen jedenfalls vorhanden. Gemeinsames Lernen habe großes Potenzial, auch an Volkshochschulen oder bei AMS-Kursen.