Hongkong – Nach der Ausweisung eines Journalisten der "Financial Times" aus Hongkong hat Regierungschefin Carrie Lam eine Begründung für den beispiellosen Schritt abgelehnt. Ob dem Briten Victor Mallet ein neues Visum verweigert worden sei, weil er als Vizepräsident des Auslandskorrespondentenclubs eine Diskussion mit einem Unabhängigkeitsaktivisten moderiert habe, seien "Spekulationen", so Lam am Dienstag.

Sie betonte vor Journalisten aber zugleich, dass ihre Regierung keine Unabhängigkeitsbestrebungen toleriere. Im August hatte sich der Auslandskorrespondentenclub den Zorn der Regierung zugezogen, weil er eine Diskussionsrunde mit dem Unabhängigkeitsbefürworter Andy Chan organisiert hatte. Seine kleine Nationalpartei operierte zu dem Zeitpunkt noch völlig legal und wurde erst einen Monat später als Gefahr für die nationale Sicherheit verboten. Die Visaverweigerung für den 58-jährigen Mallet wurde von Journalisten als Vergeltung und Einschüchterungsversuch verstanden.

Die Regierungschefin zog sich auch auf Nachfragen darauf zurück, dass die Behörden einzelne Visafälle nicht kommentierten. Eigentlich herrscht Presse- und Meinungsfreiheit in der früheren britischen Kronkolonie, die seit der Rückgabe 1997 an China als chinesische Sonderverwaltungsregion nach dem Grundsatz "ein Land, zwei Systeme" in ihrem eigenen Territorium autonom regiert wird. Mit den lauter werdenden Rufen nach mehr Demokratie in Hongkong fährt die kommunistische Führung in Peking aber einen zunehmend härteren Kurs.

Das Vorgehen erinnert an die Praxis in der Volksrepublik, wo die Behörden schon wiederholt unliebsamen ausländischen Korrespondenten eine weitere Arbeitsgenehmigung verweigert haben. (APA, 9.10.2018)