Therese Wohlschlager untersucht kleinste Zuckerstrukturen in neuartigen Arzneimitteln.

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Der Fortschritt in der Molekularbiologie hat in den vergangenen Jahrzehnten die neue Klasse der sogenannten Biopharmazeutika hervorgebracht. Dabei werden tierische Zelllinien gentechnisch so verändert, dass sie die erwünschten Wirkstoffe produzieren. Eine ganze Reihe derartiger Präparate wird bereits in der Krebsmedizin eingesetzt. Aber nicht nur: Etanercept, ein Wirkstoff, für dessen Produktion Hamsterzellen "umprogrammiert" wurden, hilft etwa bei rheumatischen Erkrankungen und Schuppenflechte

Etanercept ist auch ein Forschungsgegenstand von Therese Wohlschlager. Anhand des Medikaments hat die 36-jährige Biotechnologin mit ihren Kollegen des Christian-Doppler-Labors für Biosimilar-Charakterisierung der Uni Salzburg die Zuckerstrukturen untersucht, die an den Proteinmolekülen von Biopharmazeutika haften. Diese sogenannte Glykosylierung hat wesentliche Bedeutung für die Wirksamkeit der Präparate. Wohlschlagers Erkenntnisse könnten Entwicklung und Qualitätssicherung bei Biopharmazeutika vereinfachen.

Unerwünschte Varianten

"Die Zuckerketten können sehr unterschiedliche, komplexe Strukturen annehmen", erklärt die Wissenschafterin. "Es gibt durchaus Varianten, die zu einer unerwünschten Immunantwort des Körpers führen können und sich also nicht als Arzneimittel eignen." In einer im renommierten Fachjournal "Nature Communications" veröffentlichten Arbeit konnten Wohlschlager und Kollegen einen Weg aufzeigen, wie man diese Zuckerstrukturen im Detail charakterisieren kann.

"Üblicherweise werden die Zuckerstrukturen bei ihrer Untersuchung vom Protein abgelöst. Wie die Zuckerketten miteinander kombiniert sind, blieb ein Rätsel", erläutert Wohlschlager. "Unser Weg besteht nun darin, die Masse der ganzen Proteine samt dem anhaftenden Zucker genau zu bestimmen." Dank dieser neuen Information kann errechnet werden, welche konkreten Kombinationen an Zuckerstrukturen vorhanden sind.

Ausgezeichnete Forschungen

Die Forscherin setzte dafür eine spezielle Form der Massenspektroskopie ein, bei der Moleküle dank ihres charakteristischen Verhältnisses von Masse und Ladung gewogen werden können. "Wir konnten zeigen, dass in einem Therapeutikum über 100 verschiedene Glykolysierungsvarianten des Proteins vorhanden sind", resümiert Wohlschlager. Im September erhielt sie für ihre Arbeit den Life Science Research Award Austria 2018, der von der Gesellschaft für Molekulare Biowissenschaften und Biotechnologie und dem Wirtschaftsministerium vergeben wird.

Wohlschlagers Weg in die universitäre Forschung startete mit einem Biotechnologie-Studium an der Wiener Boku. Bei einem Studienaufenthalt in Australien beschäftigte sich die geborene Wienerin erstmals mit der Analyse von Zuckerketten – ein Thema, das zu ihrer Spezialisierung werden sollte und auch Teil ihrer Dissertation an der ETH Zürich war. Ihrem Alltag aus Labor- und Computerarbeit setzt die Forscherin mit Bergsport – von Klettern bis Skitouren – einen Gegenpol. Wohlschlager: "Nach meinen Stationen in Zürich und Salzburg werde ich auch in Zukunft versuchen, in der Nähe der Alpen zu bleiben." (pum, 3.10.2018)