2013 schafften es Forscher von der Duke University School of Medicine, die Gehirne zweier Ratten direkt miteinander zu verbinden. Das Hirn-zu-Hirn-Interface galt als Durchbruch, erlaubte es doch erstmals Berührungs- und Bewegungsinformationen von einem Tier zu einem anderen zu übertragen. Eine Ratte befand sich dabei in Durham im US-Bundesstaat North Carolina, während der zweite Nager in einem Labor im brasilianischen Natal saß. Noch im selben Jahr verbanden Harvard-Wissenschafter mit einer ähnlichen Methode ein Rattenhirn mit dem eines Menschen.

Damit war die Basis für die non-invasive Kopplung von menschlichen Gehirnen gelegt, die einem Team um Rajesh Rao und Andrea Stocco von der University of Washington tatsächlich auch wenig später glückte: Im Experiment konnte Rao mithilfe der Messung elektrischer Hirnströme und einer speziellen Magnetstimulation seine Hirnsignale an seinen Kollegen übertragen und ihn gleichsam ferngesteuert eine Taste auf einer Computertastatur drücken lassen.

Ferngesteuerte Hand

"Das Internet war ein Weg, zwei Computer miteinander zu verbinden. Unser Ansatz weist einen Weg, wie man zwei Gehirne miteinander verbinden kann", erklärte Stocco damals, der seine Erfahrung nicht ausschließlich positiv schilderte: Seine von seinem Kollegen gesteuerte Hand löste ein Gefühl bei Stocco aus, als hätte er "eine Art nervösen Krampf" gehabt.

Video: Direkte Hirn-zu-Hirn-Kommunikation bei Menschen.
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Angst bräuchte man vor so einer Technologie aber keine zu haben: "Sie gibt niemandem die Macht, die Handlungen eines anderen gegen dessen Willen zu kontrollieren", erklärten die Wissenschafter. "Beide Forscher (Sender und Empfänger) befanden sich unter idealen Laborbedingungen, nutzten spezielle Instrumente und hatten sich auch den strengen Vorschriften für Versuche am Menschen unterworfen."

Erstes Hirn-Netzwerk

Nun sind Rao und Stocco noch einen Schritt weiter gegangen, indem sie drei menschliche Gehirne miteinander verbunden und damit das erste Hirn-Netzwerk geschaffen haben – das ultimative "soziale Netzwerk" sozusagen. Das auf dem Preprintserver ArXiv.org vorgestellte "BrainNet" basiert auf der gleichen Methode, wie vorangegangene Versuche: Elektroenzephalografie-Sondenhauben (EEG) erfassen die Gehirnaktivität einer Person. Diese Daten werden dann mithilfe von transkranieller Magnetstimulation (TMS) in das Gehirn einer anderen Person übertragen, wo sie ein bestimmtes Verhalten auslösen.

Bei dem nun vorgestellten Netzwerk saßen zwei "Sender" (EEG) und ein "Empfänger" (TMS) in jeweils getrennten Räumen. Alle drei Personen sollten dabei gemeinsam eine vereinfachte Variante des Computerspiels "Tetris" spielen, bei dem verschieden gestaltete Blöcke gedreht und aufeinander gestapelt werden müssen. Während die beiden Sender den gesamten Bildschirm sehen konnten und entsprechende Steuerbefehle sendeten, sah der Empfänger nur den oberen Bildschirmteil, wusste selbst also nicht wie er die fallenden Blöcke bewegen sollte. Diese Information wurde ihm durch eine Reizung des visuellen Cortex übermittelt, was auch einwandfrei gelang.

Gemeinsam an Problemen arbeiten

"Unsere Resultate zeigen, dass in Zukunft einmal Hirn-zu-Hirn-Interfaces mehrere Individuen dazu verhilft, gemeinsam an Problemlösungen zu arbeiten." Dies könnte via Internet auch weltweit möglich sein, so die Forscher. "Ein Cloud-basierter BrainNet-Server könnte beispielsweise direkt Informationsübertragungen mittels der hierzu notwendigen Instrumente ermöglichen und so Cloud-basierte Interaktionen zwischen Gehirnen auf globaler Ebene ermöglichen", meinen Stocco und seine Kollegen. Damit habe diese Technologie das Potential, die bisherigen Grenzen der zwischenmenschlichen Kommunikation und Zusammenarbeit zu sprengen. (tberg, 2.10.2018)