Als Mutantin Blink, die sie 2014 in der Hollywood-Comicverfilmung "X-Men – Zukunft ist Vergangenheit" verkörpert hat, wäre Fan Bingbing (37) vermutlich längst wieder frei. Mithilfe von Beamen kann die Superheldin auf der Leinwand jegliche Hürde überwinden. Dass es im echten Leben ungleich schwieriger ist, sich aus den Fängen der Justiz zu befreien, wird der Schauspielerin dieser Tage vor Augen geführt – vor allem in China.

Seit 1. Juli wurde Fan, die seit einem Jahr mit ihrem Kollegen Li Chen verlobt ist und in ihrer Heimat in 55 Film- und mehr als drei Dutzend Serienrollen schlüpfte, nicht mehr in der Öffentlichkeit gesehen. Die Spekulationen über ihren Verbleib treiben seither nicht nur im Netz die buntesten Blüten.

Erst vergangene Woche brachte ein Bericht des US-Senders CNN ein wenig Licht ins Dunkel. Als ein Journalist Recherchen zum Verbleib der auch in den USA bekannten Darstellerin anstellte und der Bericht darüber in China prompt zensuriert wurde, fühlte sich die vom Regime kontrollierte Börsenzeitung zu einer Klarstellung bemüßigt. Fan sei weder tot, emigriert noch einer Entführung durch Außerirdische zum Opfer gefallen, sondern Objekt von Untersuchungen durch die chinesischen Steuerbehörden. Es bestehe der Verdacht auf Steuerbetrug mittels sogenannter Yin-Yang-Verträge. Dass Schauspieler und Regisseure geringe Gagen versteuern, weit höhere aber am Fiskus vorbei einstreifen, war in Chinas boomender Filmbranche lange ein offenes Geheimnis.

Mit Fan, die im vergangenen Jahr in die Jury der Filmfestspiele von Cannes und in Hollywoods Oscar-Akademie aufgenommen wurde, ist nun offenbar auch die international prominenteste Schauspielerin Chinas ins Fadenkreuz der Pekinger Steuerfahnder geraten. Sie gehöre zu jenen Künstlern, deren Verhalten ein besonders schlechtes Vorbild für die Gesellschaft sei, stand zu Beginn des Jahres in einem Bericht der staatlichen Medien über Chinas Prominente zu lesen. Null Prozent erhielt Fan in einem entsprechenden Ranking. Nun, zehn Wochen nach ihrem letzten öffentlichen Auftritt in einem Kinderspital in der Hauptstadt Peking, steht sie in der ostchinesischen Millionenstadt Wuxi, wo sie ihre Ateliers betreibt, unter Hausarrest, wie es heißt.

Und ob ihre Kräfte auch abseits der Leinwand ausreichen, sich dem langen Arm von Chinas Steuerbehörden zu entziehen, steht in der Sternen. (Florian Niederndorfer, 27.9.2018)