Gedenken an Ján Kuciak.

Foto: APA/AFP/VLADIMIR SIMICEK

Bratislava – Sieben Monate nach dem Mord an einem Investigativjournalisten und seiner Verlobten hat eine Spezialeinheit der slowakischen Kriminalpolizei mehrere Tatverdächtige gefasst. Im Zuge einer umfangreichen Razzia in der südslowakischen Stadt Kolárovo und anderen Orten seien insgesamt acht Personen verhaftet worden, berichtete das Nachrichtenportal "Denník N" unter Berufung auf Polizeikreise.

Demnach soll es sich um den mutmaßlichen Mörder sowie Personen handeln, die bei der Tat halfen. Nach inoffiziellen Medieninformationen soll unter den Verhafteten auch ein ehemaliger Angehöriger der Polizei namens Tomas Sz. sein.

Recherche über Mafia-Verbindungen

Der Journalist Ján Kuciak und seine Verlobte Kušnírová waren am 21. Februar in ihrem Haus im westslowakischen Dorf Veľká Mača erschossen worden. Kuciak hatte zuvor über die Verfilzung von Politik und Geschäftemacherei recherchiert. Seine unvollendete Reportage über mögliche Verbindungen italienischer Mafia-Clans zu slowakischen Regierungsmitarbeitern wurde erst nach seinem Tod veröffentlicht. Sie löste die größten Massendemonstrationen seit der Wende 1989 aus, die schließlich zum Sturz der Regierung des damaligen Premiers Robert Fico und zum Rücktritt des Polizeipräsidenten führten.

Innenministerin Denisa Saková (Smer) nannte die Festnahmen am Donnerstag einen "bedeutenden Fortschritt" in den Ermittlungen, in deren Rahmen bisher rund 200 Personen vernommen worden seien. Erfreut reagierten auch der sozialdemokratische Regierungschef Peter Pellegrini und andere Politiker des Landes. "Die Aufklärung und Bestrafung der Täter in diesem Fall ist eine der Prioritäten meiner Regierung. Ich bin sehr froh, dass Strafrechtsorgane jetzt handeln," erklärte der Premier in sozialen Medien.

Familie skeptisch

Jozef Kuciak, der Vater des ermordeten Journalisten, zeigte sich gegenüber dem Nachrichtensender TA3 zunächst weiter skeptisch, ob die Tat nun tatsächlich vollständig aufgeklärt werde. Für Zlatica Kušnírová, die Mutter der ermordeten Verlobten von Ján Kuciak, war die Nachricht von den Festnahmen ein Schock. "Ich wusste nicht, ob ich lachen oder weinen soll. Einerseits ist es gut, dass man sie endlich gefunden hat, andererseits wird es uns unsere Kinder nicht mehr zurückgeben," sagte sie TA3.

Daniel Lipšic, der Anwalt der beiden Opferfamilien, sagte hingegen dem Nachrichtenportal sme.sk: "Ich bin mir fast sicher, dass es genug Beweise gegen die Festgenommenen gibt." Nach Informationen des Anwalts, der früher Justiz- und dann Innenminister war, soll sich die Ermittlertheorie bestätigt haben, wonach es nur einen ausführenden Mörder, aber mit einem Netz an Hintermännern gegeben habe.

Anfahrt mit Google geplant

Laut dem TV-Sender JOJ hatten den Ermittlern bei der Identifizierung der Verdächtigen auch die IP-Adressen von Computern geholfen, die diese bei der Suche nach dem Haus von Ján Kuciak in Veľká Mača über Google Street View benutzt hatten. Erst letzte Woche veröffentlichte der zuständige Spezialstaatsanwalt im Fall ein Phantombild eines eventuellen Kronzeugen. Auf einer ersten Pressekonferenz seit sechs Monaten wurde bestätigt, der Doppelmord an Kuciak und seiner Verlobten sei vorsätzlich, professionell und auftragsmäßig durchgeführt worden. Eindeutig sei die Arbeit des Aufdeckerreporters das Tatmotiv gewesen, hieß es. Ob diese letzten Veröffentlichungen die Ermittlungen beschleunigt hatten, ist derzeit nicht bekannt.

Offen war zunächst weiterhin die Frage nach konkreten Auftraggebern der Bluttat. Wohl auch deshalb verweigerte die Polizei noch am Nachmittag detaillierte Auskünfte. Auf ihrer offiziellen Facebook-Seite bestätigte sie lediglich, dass "bei einem großen Einsatz mehrere Personen in Zusammenhang mit einer Gewalttat festgenommen worden" seien. Auch die Generalstaatsanwaltschaft wollte keine Stellungnahme abgeben. Sie mahnte die Medien zur Zurückhaltung in ihrer Berichterstattung, um laufende Ermittlungen nicht zu gefährden.

Für diesen Freitagabend sind weitere Proteste gegen Korruption in der Slowakei angekündigt. Die Organisatoren argumentieren, der aktuelle Fahndungserfolg ändere nichts daran, dass noch immer eine korrupte Elite das Land beherrsche. Auch die neue Regierung habe das Vertrauen der Bürger in den Staat nicht wiederherstellen können. (APA, 27.9.2018)