Die meisten Privatkonkurse 2018 entfielen auf Wien.

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Wien – Der angekündigte deutliche Anstieg von Privatkonkursen ist tatsächlich eingetreten. Gläubigerschutzverbände hatten bereits im Vorjahr davor gewarnt. Im Schnitt hat ein Österreicher im Privatkonkurs 120.000 Euro Schulden. Heuer beläuft sich dieser Durchschnittswert laut dem Gläubigerschutzverband KSV 1870 jedoch auf 193.000 Euro. Am häufigsten resultieren die Schulden aus Konsumkrediten, Handyrechnungen, Online-Versandhandel und Unterhaltszahlungen für Kinder.

In den ersten drei Quartalen heuer sind mit hochgerechnet 7.801 Privatkonkursen um 66 Prozent mehr private Schuldenregulierungsverfahren eröffnet worden als im Vergleichszeitraum 2017. Die Verbindlichkeiten sind regelrecht explodiert – um 166 Prozent auf 1,5 Milliarden Euro. Das berichtete der Gläubigerschutzverband KSV 1870 am Mittwoch. Durch die neuen Insolvenzrechtsregeln wagten sich mehr ehemalige Unternehmer mit tendenziell höheren Schulden in den Privatkonkurs.

Auch gegenüber dem "normalen Insolvenzjahr" 2016 – als noch nichts über die gesetzlichen Änderungspläne beim Privatkonkurs bekannt war – gibt es um gut 27 Prozent mehr private Insolvenzverfahren. 2017 gilt aus Sicht der Gläubigerschützer bei den Privatinsolvenzen als Ausnahmejahr, weil viele private Schuldner auf die neuen, für sie etwas besseren Regelungen gewartet hätten. Daher wird das heurige Jahr gerne mit 2016 verglichen.

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Gesetzesänderung

Die Begründung dafür liegt für KSV-Insolvenzexperte Hans-Georg Kantner auf der Hand: "Durch das Insolvenzrechtsänderungsgesetz 2017 (IRÄG 2017) gingen die Schuldneranträge vergangenes Jahr zunächst deutlich zurück und stiegen erst im vierten Quartal wieder an." (Anm: die Novelle trat am 1. November 2017 in Kraft). Viele private Schuldner hätten auf die besseren Regelungen gewartet, daraus resultierten die aktuellen Höchstwerte.

Im Zuge der Novelle wurde unter anderem das Abschöpfungsverfahren geändert. Zuvor mussten Privatpleitiers binnen sieben Jahren zumindest zehn Prozent der Schulden begleichen können, um von den Restschulden befreit zu werden. Diese Frist wurde auf fünf Jahre verkürzt. Überdies entfällt die Mindestquote zur Gänze.

Im Bundesländervergleich entfielen mit 2599 Privatkonkursen die meisten Fälle auf Wien, gefolgt von 1170 in Niederösterreich. Die wenigsten gab es im ersten Halbjahr im Burgenland (196). Mit einem Plus von über 150 Prozent, stieg die Zahl dort jedoch relativ am stärksten an. Kantner erwartet, dass die "Insolvenzwelle mit Jahresende abebbt".

Firmeninsolvenzen

Anders sieht die Situation bei Firmeninsolvenzen aus. Hier zeigt die KSV-Hochrechnung, dass es gegenüber dem Vorjahr nur ein Plus von zwei Prozent gab. Konkret sind das 3785 Insolvenzen. Dabei zeigte sich, dass sowohl die eröffneten Insolvenzverfahren, als auch die mangels Vermögen nicht eröffneten Verfahren leicht zugelegt haben. Mit einem Plus von 21 Prozent auf knapp 1,3 Mrd. Euro ging es bei den Passiva aber auch hier klar nach oben. 14.200 Dienstnehmer waren betroffen. (and, 26.9.2018)